Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

438 Bas VPenische Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 2.) 
daß es in diesem Kampfe nur mehr Deutsche geben darf. — M. HO., ich 
schließe meine Ausführungen. Es ist nicht die Zeit für Worte. Nicht über 
alle Fragen, die das Volk und die auch mich im Tiefsten bewegen, kann 
ich sprechen. Nur noch eins! In Treue und mit heißem Danke gedenken 
wir der Söhne Deutschlands, die auf den Schlachtfeldern in Ost und West, 
auf hoher See, an den Gestaden des Stillen Ozeans, in unseren Kolonien 
ihr Leben für das Vaterland gelassen haben. (Das Haus erhebt sich.) Vor 
ihrem jetzt verstummten Heldenmut einigen wir uns in dem Gelöbnis, aus- 
zuharren bis zum letzten Hauch, damit unsere Kinder und Enkel in einem 
stärkern Deutschland, frei und gesichert gegen fremde Drohung und Gewalt, 
an der Größe des Reiches weiterbauen können. Dieses Gelöbnis soll hinaus- 
schallen zu unsern Söhnen und Brüdern, die weiterkämpfen gegen den 
Feind, zu dem Herzblut Deutschlands, das in zahl- und namenlosem Helden- 
tum aufwallt, für das wir bereit sind, alles herzugeben, was wir haben, 
hinausschallen zu unseren Landsleuten im Ausland, den Zurückgehaltenen, 
den Gefährdeten, den für uns Sorgenden draußen, den Gefangenen und 
den Mißhandelten. Wir halten durch, m. H, und ich bilte Sie, durch 
die Annahme unserer Vorlage es zu bekräftigen, wir halten durch, bis wir 
Sicherheit haben, daß keiner mehr wagen wird, unsern Frieden zu stören. 
einen Frieden, in dem wir deutsches Wesen und deutsche Kraft pflegen und 
entfalten wollen als freies Volkl (Lang anhaltender, wiederholter stürmischer 
Beifall, Händeklatschen und Hochrufe.) 
Abg. Haase (Sd.): Im Anschluß an die Ausführungen des Reichs- 
kan zlers über Belgien stelle ich im Namen meiner Fraktion fest, daß die 
nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen nach unserer Ueberzeugung nicht 
ausreichen, um von dem Standpunkt abzugehen, den der Reichskanzler am 
4. August gegenüber Luxemburg und Belgien eingenommen hat. Im übrigen 
habe ich im Auftrage meiner Fraktion folgende Erklärung abzugeben: Die 
so zialdemokratische Fraktion steht auch heute noch auf dem Standpunkt ihrer 
Erklärung vom 4. August über den Krieg, dessen tiefere Ursache ökonomische 
Gegensätze bilden. Noch sind die Grenzen unseres Landes von feindlichen 
Truppen bedroht. Daher muß das deutsche Volk auch heute noch seine ganze 
Kraft für den Schutz des Landes einsetzen. Die Sozialdemokratie billig! 
deshalb die geforderten neuen Kredite. In dankbarer Erinnerung gedenken 
wir aller derer, die ihr Leben und Gesundheit für das Wohl des Vater- 
landes hingegeben haben. Wie am 4. Angust stehen wir auch heute noch 
in Uebereinstimmung mit der Internationalen auf dem Standpunkt, daß 
ein jedes Volk ein unvergängliches Recht auf Integrität und Unabhängig- 
keit hat. Diese bei fremden Nationen anzutasten, hieße den Keim zu neuen 
Kriegen zu legen. Wir bleiben deshalb dabei, was wir am 4. August ge- 
sagt haben. Wir fordern, daß dem Kriege, sobald das Ziel erreicht ist und 
der Gegner zum Frieden geneigt ist, ein Ende gemacht wird durch einen 
Frieden, der geeignet ist, zur Freundschaft mit den anderen Völkern zu 
führen. Wir verlangen, daß für alle Angehörigen und Hinterbliebenen der 
Kriegsteilnehmer in ansreichendster Weise gesorgt wird und daß den Arbeits- 
losen und den wirtschaftlich in Bedrängnis Geratenen Arbeitsgelegenheit 
und Oilfe zuteil wird. Ferner muß dafür Vorsorge getroffen werden, daß 
das Volk hinreichend mit Nahrungs-= und Gebrauchsgegenständen versorgt 
wird. Die Anregungen der Gewerkschaften über soziale Maßnahmen sind 
ja bei der Reichsregierung zum Teil auf guten Boden gefallen. Aber es 
mus noch mehr geschehen. Wir bedauern bei dem einmütigen Zusammen. 
gohen aller Volksgenossen die Beschränkung der verfassungsmäßigen Rechte. 
Ganz besonders die Einschränkung der Presse ist durch nichts gerechtfertigt. 
Die Beschränkung der Preßfreiheit ist durch nichts gerechtfertigt. Sie ist
	        
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