Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

448 Jie ökerreicisch-ungarische Monarchie. (Januar 27.—Anfang Februar.)] 
Hauptsache sei, eine wichtige Annäherung zwischen den beiden Häusern voll- 
zogen, die für die ganze künftige Gesetzgebungsarbeit von großem Werte sei. 
27. Januar. (Ofterreichisches Abgeordnetenhaus.) Die 
tschechischen Agrarier und Radikalen nehmen ihre Obstruktion gegen 
das Budgetprovisorium wieder auf und fordern direkt den Sturz 
des Kabinetts Stürgkh. 
28. Januar. (Ungarisches Abgeordnetenhaus.) Das 
Abgeordnetenhaus nimmt den Gesetzentwurf betr. Erhöhung des 
Rekrutenkontingents um 31300 Mann, wovon 13676 Mann auf 
Ungarn entfallen, an. 
W. Januar. (Galizien.) Verständigung der Ruthenen mit 
den Polen. Beide Parteigruppen unterzeichneten einen Pakt, wo- 
nach die Ruthenen sich mit zwei neben acht polnischen Ausschuß- 
mandaten zufrieden geben, dagegen die Polen den Ruthenen anstatt 
der ursprünglich verlangten 16 zweimandatigen Wahlkreise mit ge- 
mischter Bevölkerung 14 zugestehen und außerdem die Einwilligung 
zur Errichtung einer ruthenischen Universität geben. 
31. Januar. (Ungarn.) An das Abgeordnetenhaus geht ein 
Gesetzentwurf über die Einteilung der Wahlkreise. 
Die Einteilung ist von einem streng unparteilichen Standpunkt aus 
erfolgt, ohne Unterschied der Nationalität, lediglich unter Berücksichtigung 
der Volkszahl und ferner der kulturellen und wirtschaftlichen Momente. 
Die Zahl der städtischen Wahlkreise hat sich vermehrt; die Gesamtzahl der 
Wahlbezirke ist von 413 auf 435 erhöht worden. Das Gesetz über die 
Wahlreform tritt erst mit der Veröffentlichung des Gesetzes über die Wahl- 
kreise in Kraft. 
3. Februar. (Ungarn.) Bombenexplosion im Bischofspalast 
zu Debreczin. Der Bischof, dem der Anschlag gilt, bleibt unverletzt. 
Bischof Miklossy von Debreczin stand einer griechisch-unierten Diözese 
vor, in der ein langwieriger Streit zwischen den Mitgliedern rumänischer 
und magyarischer Nationalität um die Sprache der Liturgie herrschte. Mit 
Hilfe der Regierung hatten die Magyaren die Geltung ihrer Sprache 
durchgesetzt. Seitdem wurde der Bischof häufig mit der Rache der Rumänen 
bedroht. Der Mordanschlag, dem außer acht schwerverletzten Personen drei 
Menschenleben zum Opfer fielen und bei dem der Bischofspalast fast voll- 
ständig zerstört wurde, zeugte von der Schärfe der Gegensätze. Die Täter 
hatten anscheinend in Rumänien Zuflucht gesucht. 
Anfang Februar. (Ungarn.) Abschluß einer Staatsanleihe 
in London, der ersten seit vielen Jahren auf dem Londoner Markt. 
Der Vorgang wird vielfach politisch gedeutet. 
Prozeß in Marmaros-Sziget gegen die ruthenischen Schis- 
matiker, die russenfreundlicher Umtriebe verdächtig sind. Aus Rußland 
ist der panflawistische Agitator Graf Bobrinskierschienen, um sich als 
Zeuge für die politische Unschuld der Ruthenen vernehmen zu lassen.
	        
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