Das Derisqhe Reiq und seinte einjelnen Glieder. (Januar 13.) 24
sie erkannt habe, daß ihre Existenz auf dem Spiele stehe. Deshalb müsse
man an die Regierung die Frage richten, was sie in dieser schweren Stunde
getan habe. Der Kreisdirektor Mahl habe seine Pflicht voll und ganz er-
fullt. Dieser Beamte sei im Gerichtssaal in geradezu unglaublicher Art
und Weise behandelt worden. Es scheine, daß vor einem Kriegsgericht jeder
elsassische Beamte vogelfrei sei. Die Regierung würde unverantwortlich
bandeln, würde sie der Militärpartei nachgeben, die das ganze deutsche
Volk gegen sich aufgebracht habe. Er sei aber anderseits überzeugt, daß die
Regierung der mächtigen Militärpartei nicht gewachsen sei. Unsere Fragen
an die Regierung lauten: Ob, wann und welche Schritte sie an den zu-
ständigen Stellen unternommen hat, um sich die entsprechende Genugtuung
für die Beleidigungen zu verschaffen und um ähnliche Uebergriffe des
Militärs zu verhindern? Zum Schluß bringt Redner folgenden Beschluß
des Zaberner Gemeinderats zur Kenntnis: Der Gemeinderat in seiner
außerordentlichen Sitzung vom 12. Januar 1914 spricht dem Kreisdirektor
Mahl den Dank der Bevölkerung für sein entschlossenes, maßvolles und den
Verhältnissen entsprechendes Verhalten aus. Er stellt ausdrücklich fest, daß
die berechtigte Erregung der Bevölkerung verursacht wurde dadurch, daß
eine hinreichende rasche Sühne für die Beleidigungen, wie sie Leutnant
von Forstner sich habe zu schulden kommen lassen, nicht gegeben wurde.
Das Eingreifen des Militärs war ungerechtfertigt und unberechtigt. Vor-
dem habe kein Auflauf stattgefunden.
Im weiteren Verlaufe der Debatte nehmen das Wort die Abgg.
Beber (Lothr.), Imbs (S.) und Burger (Lib.), die das Verhalten des
Militärs und die Urteile des Kriegsgerichts heftig angreifen und die Re-
gierung auffordern, die Rechte des Volkes energisch zu vertreten.
Staatssekretär Freiherr Zorn von Bulach gibt hierauf namens
der Regierung eine Erklärung ab, worin er zunächst daran erinnert, wie
seinerzeit unbedachte Worte eines jungen Offiziers, der sich der Tragweite
jeiner nicht für die Oeffentlichkeit bestimmten Aeußerungen zunächst wohl
koum bewußt gewesen sei, in der Bevölkerung eine starke Erregung erzeugt
dätten, und wie diese durch die leidenschaftliche Sprache eines Teils der
Presse, die die Aeußerungen als eine Beleidigung des ganzen Volkes hin-
stellte, noch erhöht wurde. Irrtümlicherweise habe die Bevölkerung damals
angenommen, daß jene beleidigende Aeußerung ohne Sühne bleiben werde.
Der Staatssekretär gibt dann die Entwicklungsphasen der bekannten Vor-
gänge in Zabern in kurzen Worten wieder und konstatiert, daß im ersten
Stadium, in den Tagen vom 8. bis 11. November, tätliche Beleidigungen
oder grobe Ausschreitungen nicht zu verzeichnen gewesen seien. Daß da-
mals nach Offizieren Steine geworfen wurden, sei der Regierung nicht ge-
meldet und erst jetzt durch die kriegsgerichtliche Verhandlung erwiesen
worden. Die Zaberner Zivilbehörden hätten damals von der Regierung
die strenge Weisung erhalten, unter allen Umständen mit den ihnen zur
Verfügung stehenden Polizeikräften für die Aufrechterhaltung von Ruhe
und Ordnung zu sorgen, das Militär gegen Beleidigungen zu schützen und
im Notfalle die bewaffnete Macht zu requirieren, wie es gesetzlich vor-
gesehen sei. Die Regierung habe in diesem ersten Stadium der bedauer-
lichen Vorgänge einer Situation gegenübergestanden, die ein direktes Ein-
schreiten ihrerseits, soweit es sich nicht um die Unterdrückung der Unruhen
handelte, ausschloß. Daß der Leutnant von Forstner die Bevölkerung Elsaß-
Lothringens habe beleidigen wollen, wurde von dem Generalkommando
durch öffentliche Erklärung in der Presse in Abrede gestellt. Im übrigen
stand der Leutnant unter der Disziplinargewalt seiner Vorgesetzten bzw.
unter der Militärgerichtsbarkeit, und dieser allein fiel die Ahndung ctwaiger