490 Die östterreichisch- un garische Menarchie. (Oktober 12.—28.
steht nach den genauen Angaben des Angeklagten unwiderleglich fest.
ebenso die Herkunft der Bomben und Waffen aus serbischer
Quelle. .
Die meisten Aussagen der übrigen Mitschuldigen und Zeugen ergänzen
das Bild des Verbrechens in Einzelheiten und sind daher mehr von krimina-
listischer als von politischer Bedeutung. Eine Ausnahme machen die Angaben
des Zeugen Trifko Kostanovic, der die Tätigkeit der Narodna Odbrana
näher schilderte. Er sei auf der Suche nach Arbeit in Belgrad gewesen und
dort mit Tankosic bekannt geworden. Dieser nahm ihn sofort als Komitaticht
an. 140 solcher Komitatschis wurden im Legen von Minen, Sprengungen
von Tunnels und der Zerstörung der Bahnkörper unterwicsen und daber
von General Jankovic inspiziert. Dann trat Kostanovic in den Dienst der
Narodna Odbrana. Diese befaßte sich mit Spionage und hatte einen kleinen
Waffenvorrat im Kriegsministerium. Zu ihren Mitgliedern gehörten Staats
beamte und Offiziere. In Serbien hörte der Zeuge überall nur Worte
des Hasses gegen Oesterreich-Ungarn. Er erklärte weiter, daß alle Vor
bereitungen zum Kriege gegen Oesterreich-Ungarn getroffen worden seien.
Gegen den Nachbarstaat wurde ein Krieg auf Leben und Tod gepredigt.
Die Narodna Odbrana wurde von der serbischen Regierung subventiontert
und mit Wassen versehen. — Aus den gelegentlich des Krieges in Lozuira
und RKleinzwornik vorgefundenen Akten über die in Bosnien betriebene
Spionage wurde festgestellt, daß Serbien in der Lozuicaer Kundschaftsstelle
allein über hundert Svione in Vosnien verzeichnet hatte. Aus den Akten
ging klar hervor, daß die bosnischen Sokol= und Antialkoholvereine nun
ein Deckmantel für die Tätigkeit der Narodna Odbraua zur Vorbereilung
des Krieges und von Aufständen in Bosnien waren. — Aus dem weiteren
Zeugenverhör ist die protokollarische Aussage des seildem verstorbenen
Zeugen Milanitsch hervorzuheben, der während seines Aufenthaltes in Ber
grad die Verschwörer wiederholt beobachtet hatte, als er jedoch seine Wahr-
nehmungen dem österreichisch-ungarischen Generalkonful mitteilen wollte,
verhuitet, von Kerker zu Kerker geschleppt und schließlich auf das Pollrzei-
kommissartat geführt wurde, wo der Polizeipräfekt ihm triumphierend einen
Zeitungsaus schnitt über die Ermordung des Thronfolgers zeigte mit den
Worten: „Du wolltest es verhindern, aber wir sind pfiffiger als du. Jeßzt
kommt die Reihe an Oesterreich-Ungarn; wir werden es zertrümmern.“ —
Die Narodna Odbrana vereinigte alle serbischen Sokolvereine. In Bosnien
und der Herzegowina gehörten der Vereinigung 22 Sokolvereine an, ferner
Vereine in Dalmatien und in Bacska. Aus dem Protokoll über das Gurt-
achten der Sachverständigen bezüglich der Bomben wurde festgestellt, daß
es sich um die bei der serbischen Armee verwandten Handgranaten handelt,
welche von derselben Konstruktion sind wie die 19 in Brcko vorgefundenen,
den Sachverständigen aus früherer Untersuchung her bekannten Granaten,
die in Originalmakulaturpapier des Kragujevacer Arsenals eingewickelt
waren. Derartige Handgranaten sind außer in Serbien nirgends in Europa
in Verwendung.
Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurden noch viele Broschüren.
Vereinsstatuten, Polizeiakten verlesen. Aus den Schriftstücken gehen von
neuem die bekannten Bestrebungen der Vereine hervor sowie die Tatsache.
daß alle Fäden der hochverräterischen Tätigkeit der Vereine und deren
Mitglieder in Belgrad zusammenliefen, wo die Leitung in den Händen
militärischer und staatlicher Beamter gelegen war.
Am 21. Oktober begannen die Plaidoyers. Auch der Staatsanwalt
hob hervor, serbische Minister, ja selbst der Thronfolger, seien erwiesener-
maßen vielfach mit den gegen die leitenden Staatsmänner der Monarchie,