24a Das Dentsqhe Reich und seine rinzelnen Glieder. (Januar 13.)
Verfehlungen des Offiziers zu. Jede Einmischung der Regierung in diese
Angelegenheit würde daher auch als ein unberechtigter Eingriff in die
militärische Kompetenz zurückgewiesen worden sein. Die Regierung sei da-
mals den Behauptungen entgegengetreten, daß die Zivilbehörden versagt
hätten, da tatsächlich die ihnen zur Verfügung stehenden Polizeikräfte aus-
gereicht hätten, um ernstere Unruhen zu verhindern. Auch der Anklage-
vertreter in dem kriegsgerichtlichen Verfahren gegen Oberst von Reuter
habe die damaligen Maßnahmen des Kreisdirektors als genügend an-
erkannt unter der Voraussetzung freilich, daß eine Kontrolle dahin aus-
zuüben war, ob die Zivilbehörden auch ihre Pflicht täten. Scharf verurteilt
der Staatssekretär, daß ein Teil der Bevölkerung Zaberns, auch wenn er
sich beleidigt glaubte, sich zu lärmenden Straßenkundgebungen und un-
flätigen Beschimpfungen von Offizieren habe hinreißen lassen. Dem An-
sehen und der Pflicht der Bewohner würde es entsprochen haben, wenn sie
den öffentlichen Aufforderungen des Bürgermeisters und des Rreisdirektors.
gefolgt wären, welche wiederholt vor Ruhestörungen dringend warnten.
Die Frage, ob ein sofortiges Eingreifen der militärischen Vorgesetzten durch
die Beurlaubung oder Versetzung des Leutnants Freiherrn von Forstner
nicht am wirksamsten zur Beruhigung geführt hätte, sei durch die Zivil-
behörden nicht zu entscheiden gewesen.
Der Staatssekretär stellt dann fest, die Durchführung weiterer Maß-
nahmen habe nach den Vorgängen vom 28. und 29. November bis zum
Abschluß des anhängigen kriegsgerichtlichen Verfahrens, dem die Feststellung
der Verantwortlichkeiten gesetzlich in erster Linie zufiel, zurückgestellt werden
müssen. In letzterer Beziehung nähere Auskunft zu geben, sei die Regie-
rung nicht in der Lage. Inzwischen habe das Kriegsgericht gesprochen,
und jede seiner Entscheidungen, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sei,
habe die Regierung wie jeden Rechtsspruch zu achten. Die Regierung halte
ßes indessen für ihre Pflicht, bei diesem Anlaß ausdrücklich zu konstatieren,
daß in Zabern Militär und Bürgerschaft früher stets in gutem Einver-
nehmen lebten, Militär und Zivilbehörden freundliche Beziehungen unter-
hielten, und daß die Beschimpfungen sich ursprünglich nur gegen den
Leuinant Freiherrn von Forstner richteten. Durch die eingeleitete Unter-
suchung würde festzustellen sein, ob auf seiten der lokalen Zivilbehörden
Unterlassungen oder Verfehlungen vorgekommen seien. Die Annahme, daß
eine Abneigung gegen das Militär als solches die Triebfeder der Demon-
strationen gebildet habe, müsse mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen
werden. Ebenso aber müsse die Regierung gewiß im Sinne der großen
Mehrheit der Bevölkerung jeden Versuch, aus den bedauerlichen Vorfällen
in Zabern Angriffspunkte gegen die Armec zu konstruieren und diese für
die einzelnen Vorkommnisse verantwortlich zu machen, als irreleitend brand-
marken. Die Armee, in der viele Tausende von elsaß-lothringischen Landes-
kindern als tüchtige Soldaten mit Stolz gedient haben und dienen, ist kein
Fremdkörper, sondern Fleisch vom Fleisch des Volkes, und die Regierung
ist überzeugt, das sie dem stets bewährten militärischen Empfinden der
Söhne unseres Volkes richtig Ausdruck gibt, wenn sie sagt, daß dieselben
eine Beschimpfung des Ehrenkleides, das sie selbst einst getragen, weit von
sich weisen, und darum können und dürfen die aus beiderseiliger momen-
taner Erregung entsprungenen bedauerlichen Vorfälle in Zabern die bieher
guten Beziehungen zwischen Militär und Zivilverwaltung nicht trüben.
Die Armee ist der Fels, auf dem die Macht und die Größe des Reiches
ruht, und wer an ihm rüttelt, vergeht sich gegen das Vaterland und dessen
Sicherheit. Der Regierung sind aus ihrem anfänglichen Schweigen schwere
Vorwürfe gemacht worden, als hätte sie die ihr vom Kaiser anvertraute