25a Das Desche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Januar 14.)
Ernst behandeln. Die Iustizverwaltung hat die Interessen der Justiz nach
bestem Wissen und Gewissen gewahrt. Ich schließe mit der Erklärung, daß
auch fernerhin unbegründete Angriffe und Vorwürfe gegen die Justizbehörde
von mir mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden, von welcher Seite
sie auch kommen mögen.“ (Lebhaftes Bravo.)
Abg. Hauß (3.) drückt dem Unterstaatssekretär die Anerkennung des
Hauses für seine energischen Worte aus. Die gestrige Regierungserklärung
habe um so weniger befriedigt, weil vor allem die Garantie dafür ver-
mißt wurde, daß künftighin die verfassungsmäßigen Zuständigkeiten strenge
Beachtung fänden — eine Garantie, die doch in Donaueschingen feierlich
verkündet worden sei. Die erschreckende Kluft, die sich zwischen dem bürger-
lichen Rechtsbewußtsein und den haltlosen Ehr-= und Rechtsbegriffen des
Militärs aufgetan, sei unerträglich im Rechtsstaat, der die Freiheit des
Bürgers garantiere. Redner kritisiert das Kriegsgerichtsurteil scharf. Die
Beeinslussung durch den Polizeipräsidenten von Jagow sei nicht die einzige,
die in diesem traurigen Prozeß zu konstatieren gewesen sei. Daß auch der
Kronprinz des Deutschen Reiches daraun beteiligt sein soll, schmerze die
Elsaß-Lothringer besonders schwer. Die Kabinettsorder von 1820, auf die
sich der Oberst berufe, sei ungültig. Es sei erwiesen, daß die Kräfte der
Zivilverwaltung in Zabern genügten, um die Ruhe und Ordnung aufrecht
zu erhalten. Trotz des Urteils bleibe er dabei, daß von Reuter und seine
Offiziere wider Recht und Gesetz die Zivilverwaltung an sich gerissen und
Freiheitsberaubungen der schlimmsten Art verübt hätten. Hat dem Oberst
von Reuter auch das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt, als ihn die
Richter und Staatsanwalte auf das Ungesetzliche seines Vorgehens auf-
merksam machten? Das Gericht hat sonderbarerweise diese Spuren nicht
verfolgt. Wäre der Schleier gelüftet worden, dann wären General von
Deimling und der Chef seines Generalstabes Graf von Waldersee erschienen,
welche die Vorgänge in Zabern verschuldet haben. Noch nie ist eine Re-
gierung so mit Ruten gezüchtigt worden. Pflichtverletzung hat man ihr
vorgeworfen; in Zabern selbst aber hat sie ihre Pflicht und Schuldigkeit
getan. In Berlin durfte der Vertreter der Regierung in eigener Sache
nicht sprechen. Zabern zeigt somit in krassester Weise die Abhängigkeit
unserer Regierung von Berlin. Der Träger der Staatsgewalt von Elsaß-
Lothringen ist in erster Linie König von Preußen. Sobald elsaß-lothringische
Interessen mit den preußischen in Widerspruch geraten, wird sich natur-
gemäß das Herz dieses Kaisers und Königs auf die preußische Seite neigen.
Dazu käme, daß unverantwortliche Ratgeber sich das Ohr des Monarchen
erschlichen hätten, die ihm die Verhällnisse in Elsaß-Lothringen in einer
Weise schilderten, die im Gegensatz zu der Wirklichkeit stände. Im preußischen
Herrenhause hat der Reichskanzler erklärt, daß der Kaiser die elsaß-
lothringischen Bundesratsstimmen instruiere. Damit ist ein Gegensatz zu
unserer Verfassung geschaffen, die bestimmt, daß der Statthalter die Bundes-
ratsbevollmächtigten zu instruieren habe. Der 10. Januar ist der größte
Unglückstag für Elsaß-Lothringen gewesen. An diesem Tage hat der Reichs-
kanzler mit rauher Hand den Hauptbestandteil unserer Verfassung zertrümmert.
Unterstaatssekretär Mandel führt aus: „Ich hatte um so weniger
Anlaß, im Reichslage zu sprechen, als von seiten des Reichskanzlers und
des Kriegsministers nicht der mindeste Vorwurf gegen die Landesverwal-
tung von Elsaß-Lothringen erhoben wurde. An der Erregung der Zaberner
Bevölkerung ist zum großten Teile die Presse schuld. Was ein junger un-
erfahrener Leutnant in der Kaserne sagte, das konnte einen ganzen Volks-
stamm nicht beleidigen. Die Zaberner Angelegenheit hat mit der Ver-
fassung nichts zu tun.“