Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

798 RNußland. (Januar 12.—31.) 
XVI. 
Rußland. 
12. Januar. Rücktritt des französischen Botschafters Théophile 
Delcrassé. 
Der Zar verleiht ihm das Andreaskreuz, den höchsten russischen Orden. 
(Ueber seinen Nachfolger s. S. 628.) 
20. Jannuar. (Petersburg.) Feier des 50jährigen Bestehens 
der Semstwos. 
23. Januar. (Reichsrat.) Beratung des Gesetzentwurfs betr. 
die Bekämpfung der Trunksucht. 
Graf Witte legt dar, seine Nachfolger im Amte als Finanzminister 
hätten sein Werk, das Branntweinmonopol, das die Unterdrückung der 
Trunksucht erzielen sollte, entstellt. Das Volk bezahle für den Monopol- 
schnaps über eine Milliarde, während für Volksaufklärung nur 160 Millionen 
verausgabt würden. Es sei nicht zu verwundern, daß dadurch ein großer 
Barbestand gebildet worden sei. Doch das Mittel, durch das dieser vor- 
nehmlich für die Landesverteidigung bestimmte Barbestand erzielt worden 
sei, sei anormal. Ministerpräsident Kokowzow erwidert, die Ziele des 
Grafen Witte seien nicht vergessen uud würden wie früher gefördert. Der 
Schnapskonsum pro Kopf sei in den letzten zehn Jahren nicht gestiegen. 
Die Einkünfte des Monopols seien nicht nur durch Erhöhung des Alkohol- 
absatzes, sondern auch durch Preiserhöhung des Branntweins und durch 
Herabsetzung der Exploitationsausgaben infolge technischer Vervollkomm- 
nungen erreicht worden. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Trunksucht 
würden ebenso energisch fortgeführt wie zu Wittes Zeiten, und eine dieser 
Maßnahmen bilde der vorliegende Gesetzentwurf. 
W. Januar. (Helsingfors.) Der ehemalige Vorsitzende des 
finnischen Senats, Leo Mechelin, f#. 75 Jahre alt. 
W. Jannar. Enthüllungen des „Echo de Paris“ über eine 
angebliche Krupp-Putilow-Affäre. (Siehe S. 631.) 
30. Januar. Abschluß einer französisch-russischen Anleihe zum 
Bau strategisch wichtiger Eisenbahnlinien. 
Auf dem Finanzministerium wird von Delegierten einer Gruppe 
französischer Finanzleute eine 4½ prozentige unifizierte Anleihe für Privat- 
eisenbahnen mit einer Garantie der Regierung unterzeichnet. Die Anleihe 
hat einen Nominalwert von 665 Millionen Franken und ist in 81 Jahren 
amortisierbar. Der aus der Subskfription sich ergebende Betrag wird auf 
neun Eisenbahngesellschaften verteilt und zwar diejenigen von Atschinsk, 
Minussinsk, Buchara, Olonez, Ferghan, Moskau—Kasan, Rjäsan— Ural, 
Moskau—Kiew und Woronesch. Der Anleiheerlös dient in der Hauptsache 
zum Baue strategischer Bahnen gegen Deutschland. 
31. Januar. (Reichsrat.) Fortsetzung der Beratung des 
Gesetzentwurfs betr. die Bekämpfung der Trunksucht.
	        
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