Beutsches Reich. (März 3./õ.) 241
plan, d. h. Preis und Ablieferungsbestimmungen für die Bodenerzeugnisse,
dieses Jahr nicht erst unmittelbar vor der neuen Ernte, sondern schon
vor der Frühjahrsbestellung zuveröffentlichen. Eine durchgreifende
Neuregelung der Preise, für die das Gutachten der Hochschulprofessoren (s. S. 132)
in vieler Hinsicht eine brauchbare Grundlage gebe, müsse erfolgen und zwar
so, daß eine Steigerung der Gesamteinnahme der Landwirtschaft aus den
abzuliefernden Erzeugnissen zum Nachteil der Verbraucher nicht eintrete.
Es müßten die Preise der direkt abzuliefernden Bodenerzeug-
nisse erhöht und die Schlachtviehpreise entsprechend gesenkt
werden. Vertreter der Verbraucher hätten sich gegen erstere, landwirt-
schaftliche Organisationen gegen letztere Maßnahme mit Entschiedenheit ge-
wendet. Einzelne genaue Kenner der landwirtschaftlichen Verhältnisse, wie
z. B. der Leiter der bayer. Bauernvereine Dr. Heim, und ein erheblicher
Teil der hauptsächlich Verbraucherinteressen vertretenden Presse hätten dem
Gedanken des Preisausgleichs zugestimmt. Der Leiter der Reichsgetreide-
stelle Exz. Michaelis habe gefordert, daß die Preise für Gerste und Hafer
den Roggenpreis nicht wie bisher überschreiten; deshalb sei der Preis für
Roggen, Hafer und Gerste einheitlich mit 270 M., für Weizen mit 290 M.
vorzuschlagen; er habe ferner die Erhöhung des Brotgetreidepreises auf
der einen, die Senkung der Viehpreise auf der andern Seite zur Sicherung
der Brotversorgung als unerläßlich erklärt. Eine einseitige Herabsetzung
der Schlachtviehpreise und demgemäß eine Senkung des gesamten Preis-
niveaus für die Landwirtschaft durch niedrigere als die vorgeschlagene Fest-
setzung der Getreidepreise sei für das Kriegsernährungsamt unannehmbar;
selbst wenn man die Preisbildung für die ersten Kriegsjahre als zu hoch
ansehen wolle, müsse im kommenden Wirtschaftsjahre, wo der Betrieb aufs
äußerste weiter erschwert und mit einem Rückgang der Hektarerträge zu
rechnen sei, eine Herabsetzung des gesamten Preisniveaus zu einem die
Verbraucher schwer gefährdenden Rückgang der Erzeugung führen. Ebenso
unannehmbar sei aber für das Kriegsernährungsamt nicht nur mit Rück-
sicht auf die Verbraucher, sondern wegen der unbedingt notwendigen Be-
kämpfung der Verfütterungsgefahr die Erhöhung der Preise der Boden-
erzeugnisse ohne gleichzeitige entsprechende Herabsetzung der Rindvieh- und
Schweinepreise. Der Preisausgleich zwischen Brotgetreide und Fleisch sei
auch mit Rücksicht auf die Weltmarktpreise dringend erwünscht, die für
Getreide viel höhere, für Fleisch erheblich niedrigere Sätze als in Deutsch-
land aufwiesen.
In einem Schlußwort stellt der Präsident des Kriegsernährungsamts
v. Batocki fest, daß der Beirat in seiner überwiegenden Mehrheit sowohl
der vorgeschlagenen Neuorganisation der Getreidebewirtschaftung wie dem
Vorschlage des Preisausgleiches grundsätzlich zustimme, daß bezüglich der
Herabsetzung der Viehpreise sowie des Maßes der Erhöhung des Brot-
getreidepreises aber erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ver-
tretern der Erzeuger und Verbraucher beständen. Er hoffe, daß es dem
Kriegsernährungsamt gelingen werde, die richtige Linie zwischen den aus-
einandergehenden Forderungen zu finden.
3.5. März. (Reichstag, Hauptausschuß.) Haushalt des Reichs-
kanzlers, der Reichskanzlei und des Ausw. Amts.
In vertraulicher Aussprache wird am 3. die vlämische Frage erörtert,
wobei die Meinung zum Ausdruck kommt, daß Deutschland die Wünsche
der Vlamen unterstützen und fördern müsse. Ueber die Beschäftigung
belgischer Arbeiter in Deutschland erklärt ein Vertreter des Kriegsamts,
daß nach aufklärender Belehrung Tausende belgischer Arbeiter bei guten
Europäischer Geschichtskalender. LVIII. 16