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wurden die Prinzen von dem geleisteten Eide losgezählt '!), So kam es in Folge
fortgesetzter gütlicher Verhandlungen am 22. Dec. 1722 zu einem Vergleiche,
in welchem K. Friedrich Wilhelm I. für sich und seine Erben von dem im Ver-
trage von 1703 erlangten Erbfolgerecht gegen ein bedeutendes Geldäquivalent
wieder abstand. So war allerdings der erste Wiedervereinigungsplan gescheitert.
Jedenfalls bewies dieser Vorgang, wie unangenehm dem kaiserlichen Hofe die
Vereinigung der fränkischen Fürstenthümer mit der Krone Preussen sei und
Friedrichs des Grossen Scharfblick erkannte die Nothwendigkeit, alle Hinder-
nisse einer solchen Wiedervereinigung im voraus zu beseitigen. Obgleich weder
die Achillea, noch der Geraische Vertrag ausdrücklich bestimmten, dass die
fränkischen Fürstenthümer niemals mit der Primogenitur vereinigt werden dürf-
ten, dass es immer und für alle Zeiten gerade immer drei regierende Herrn und
Linien im Hause Brandenburg geben müsste (nur mehr als drei regierende Herrn
sollten niemals sein !), so konnten doch aus der Analogie dieser Hausgesetze schein-
bare Ansprüche der Nachgebornen auf die anfallenden fränkischen Fürstenthümer
hergeleitet werden, welche man als immerwährende Secundo- und Tertiogenituren
des Hauses zu betrachten sich gewöhnt hatte. Um diesem rechtzeitig zu begegnen
schloss Friedrich der Gr. mit den beiden regierenden Markgrafen zu Baireuth und
Ansbach, unter Zustimmung seines Bruders Wilhelm, die geheimen Familien-
verträge vom 24. Juni, 11. und 14. Juli 1752 ab (s. g. pactum Fridericianum),
welche bisher nach der Bestimmung des grossen Königs vollständig se-
cretirt, hier zum ersten Male aus dem königlichen Hausarchive veröffentlicht
werden (Urk. XIV). Darin werden zunächst die alten „compactata domus‘“ be-
stätigt und authentisch interpretirt: „Allermaßen in der Achilleischen Disposition
klar versehen ist, dass nur zwei Hauptlinien, nemlich die Churlinie und die
Linie der Markgrafen in Franken allein die Regierung der respective Chur- und
dazu gehörigen Lande und des Markgrafenthums Ober- und Unterhalb Gebirges,
haben und führen, folglich nicht mehr als drei regierende Herrn Fürsten sein
sollen, auch in derselben Disposition festgesetzt ist, daß wann die eine frän-
kische Linie abgehet, alsdann die andere überbleibende der ersten zu succediren
habe“, — — so wird zur Verhütung künftiger Missverständnisse bestimmt, dass
wenn eine der fränkischen Linie erlöschen, die andere derselben succediren soll,
sodass beide Fürstenthümer für immer koalesciren und nach dem Rechte der
Erstgeburt mit Ausschluss jeder Theilung vererbt werden. . Sollte dagegen die
ganze fränkische Linie im Mannsstamme abgehen, so sollen die fränkischen
Lande an die königliche Linie fallen und mit der Krone für immer vereinigt
und nach dem Rechte der Erstgeburt vererbt werden, auch sollte alsdann jede
Verfügung des Königs zu Gunsten der Nachgebornen ausgeschlossen sein. Sollte
die königliche Linie erlöschen, so sollten deren sämmtliche Lande mit allen Zu-
behörungen und künftigen Erwerbungen dem nächsten regierenden Agnaten der
fränkischen Linien secundum praerogativam lineae, mithin zuförderst dem Culm-
1) Hierauf bezieht sich das oben genannte Gutachten des Geh. Raths Nicolaus Hieronymus von
Gundling: „In jure et facto gegründet facti species“ u. s. w. Berlin bei Nicolai 1718. (180 S. Fol.)