Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

verteilten Nahrungsmittels darin vermerken zu lassen. Selbstverständ- 
lich waren mit dieser Verteilungsart und vor allem mit den zugeteilten 
Mengen viele Einwohner nicht einverskanden; und da bekannkgegeben 
wurde, daß zusäßtzliche Lebensmittel für Kranke ausgegeben werden könn- 
ten, begann ein Ansturm auf die Aerzte, die nun die nötigen Lebensmit- 
kelzeugnisse ausstellen sollten. Schon im August 1916 führte der Aerzte- 
verein hierüber bittere Klage beim Magistrat und regte ein Zusammen- 
arbeiten mit der Polizei an. Da aber schließlich der Mangel an Nah-- 
rungsmitteln die Ausgabe von Zusatzmitteln für Kranke nur sehr selten 
möglich machte, (abgesehen von den laufend gegebenen Zulagen für hof- 
fende Mütter), erledigte sich die Angelegenheit schließlich von selbst. 
Je knapper die Waren wurden, um so lebhafter war das Bedürfnis 
des Publikums, diese Waren zu bekommen, und es dauerte nichkl sehr 
lange, bis im Lebensmittelverkauf unhaltbare Zustände einrissen. Die 
Käufer skürmten die Läden am Morgen des ersten für den Verkauf einer 
bestimmten Ware freigegebenen Tages, es gab Gedränge und Lebensmit- 
telschlangen, und wenn der Einzelne endlich an die Reihe kam, war der 
Vorrat vielleicht schon ausverkauft, und er mußte anderswo sein Glückh 
versuchen. 
Der Magistrat versuchte (Zeitung für Hinterpommern vom 29. 
10. 16) zur Ruhe und Ordnung zu mahnen, geriet aber dadurch in einen 
Konflihkt mit der Vereinigung der Kolonialwarenhändler, die die Schuld 
an den unliebsamen Vorkommnissen darin sahen, daß die Kleinhändler 
vom Magistrat sehr viel stärker beliefert würden als ihrem früheren Um- 
satz entsprach, sodaß das Publikum, das an seiner gewohnten Stelle ein- 
kaufen wolle, dann nichts mehr bekommen könne. Es blieb nun dem 
Magistrat nichts anderes übrig, als eine endgültige Regelung zu treffen 
und auch für den Lebensmittelverkauf Kundenlisten einzuführen. Nach 
der Zahl der in diesen Kundenlisten enthaltenen Kunden sollte dann jedem 
Kaufmann die nötige Ware zugeteilt werden (Verordnung vom 6. 
11. 1916). 
Es wurden Kundenlisten von insgesamt 74 Kaufleuten eingereicht, 
und zwar enthielten 11 von diesen 74 Listen weniger als 100 Kunden. Die 
kleinste Liste wies 32 Namen auf, die größte 4000. Allerdings bedurften 
diese Listen noch einer kleinen Verbesserung, denn es stellte sich bei der 
ersten Prüfung schon heraus, daß die Kundenlisten rund 2000 Personen 
mehr enthielten als nach den Wirtschaftsbüchern überhaupt da sein 
konnten. 
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