verteilten Nahrungsmittels darin vermerken zu lassen. Selbstverständ-
lich waren mit dieser Verteilungsart und vor allem mit den zugeteilten
Mengen viele Einwohner nicht einverskanden; und da bekannkgegeben
wurde, daß zusäßtzliche Lebensmittel für Kranke ausgegeben werden könn-
ten, begann ein Ansturm auf die Aerzte, die nun die nötigen Lebensmit-
kelzeugnisse ausstellen sollten. Schon im August 1916 führte der Aerzte-
verein hierüber bittere Klage beim Magistrat und regte ein Zusammen-
arbeiten mit der Polizei an. Da aber schließlich der Mangel an Nah--
rungsmitteln die Ausgabe von Zusatzmitteln für Kranke nur sehr selten
möglich machte, (abgesehen von den laufend gegebenen Zulagen für hof-
fende Mütter), erledigte sich die Angelegenheit schließlich von selbst.
Je knapper die Waren wurden, um so lebhafter war das Bedürfnis
des Publikums, diese Waren zu bekommen, und es dauerte nichkl sehr
lange, bis im Lebensmittelverkauf unhaltbare Zustände einrissen. Die
Käufer skürmten die Läden am Morgen des ersten für den Verkauf einer
bestimmten Ware freigegebenen Tages, es gab Gedränge und Lebensmit-
telschlangen, und wenn der Einzelne endlich an die Reihe kam, war der
Vorrat vielleicht schon ausverkauft, und er mußte anderswo sein Glückh
versuchen.
Der Magistrat versuchte (Zeitung für Hinterpommern vom 29.
10. 16) zur Ruhe und Ordnung zu mahnen, geriet aber dadurch in einen
Konflihkt mit der Vereinigung der Kolonialwarenhändler, die die Schuld
an den unliebsamen Vorkommnissen darin sahen, daß die Kleinhändler
vom Magistrat sehr viel stärker beliefert würden als ihrem früheren Um-
satz entsprach, sodaß das Publikum, das an seiner gewohnten Stelle ein-
kaufen wolle, dann nichts mehr bekommen könne. Es blieb nun dem
Magistrat nichts anderes übrig, als eine endgültige Regelung zu treffen
und auch für den Lebensmittelverkauf Kundenlisten einzuführen. Nach
der Zahl der in diesen Kundenlisten enthaltenen Kunden sollte dann jedem
Kaufmann die nötige Ware zugeteilt werden (Verordnung vom 6.
11. 1916).
Es wurden Kundenlisten von insgesamt 74 Kaufleuten eingereicht,
und zwar enthielten 11 von diesen 74 Listen weniger als 100 Kunden. Die
kleinste Liste wies 32 Namen auf, die größte 4000. Allerdings bedurften
diese Listen noch einer kleinen Verbesserung, denn es stellte sich bei der
ersten Prüfung schon heraus, daß die Kundenlisten rund 2000 Personen
mehr enthielten als nach den Wirtschaftsbüchern überhaupt da sein
konnten.
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