Waggon Zwiebeln. Der Inhalt wurde sofort an die Bevölkerung aus-
gegeben und war schon vollkommen verteilt, als sich herausstellte, daß
die Hälfte, 100 Ztr., eigentlich für den Landkreis bestimmt war. Dies
gewiß unangenehme, aber entschuldbare Versehen führte sofort zu einem
Papierkrieg mit dem Landkreis; die Kreislebensmittelstelle verlangte
nicht nur den Ersatz der Zwiebeln — der war ihr auch ohne besondere
Forderung sicher — sondern auch Ersatz des entgangenen Handelsgewinns
in Höhe von 150 AK. Das lehnte der Magistrat selbstverständlich ab, weil
er die in diesem Ansinnen zum Ausdruck kommende Auffassung von den
Aufgaben der Kreislebensmittelstelle nicht teilen konnte. Aber kaum
14 Tage später erging ein neues, sehr energisches Schreiben der Kreis-
lebensmittelstelle, in dem außer dem Ersatz jener 150 41 auch noch Ver-
zugszinsen in Höhe von 6 B vom 20. 10. ab gefordert wurden!
Und weiter: zur selben Zeit kam vom Negierungspräsidenten eine
Verfügung des Kriegsernährungsamts betr. „Schleichversorgung“ zum
Bericht an den Magistrat. In seiner Antwort mußte der Oberbürger-
meister die verlangte Warnung an die Verbraucher glatt ablehnen, weil
er sie gerade in einer Zeit so schlechter Versorgung mit Fleisch und Nah-
rungsmitteln in Ansehung der Volksstimmung für untkunlich hiell.
Diese Volksstimmung kam nach der NKevolution in zahlreichen Ein-
gaben und selbständigen Eingriffen des A. u. S.--Rates zum Ausdruch,
die sich immer mit Kleinigkeiten befaßten, sie über Gebühr aufblähten
und doch nie zu einem greifbaren Erfolg führten, weil es sich immer um
mehr oder weniger unbeweisbare Behauptungen handelte. Wir brau-
chen an dieser Stelle nicht weiter darauf einzugehen.
Besser als diese immerhin unbedeutenden Einzelheiten bezeichnet die
Volksstimmung eine Eingabe der Handelskammer vom 3. 12. 18. Da
wird kurz und bündig gefordert, daß der Magistrat die städtische Kriegs-
wirtschaft abstellen solle, damit die Angestellten und Arbeiter des Kauf-
mannsberufs wieder ihr Brot finden könnten, und betont, daß die aus
der Kriegswirtschaft hervorgehenden Zustände den tiefsten Unwillen der
Bevölkerung erregt hätten. Die zur Begründung angeführten Einzel-
vorkommnisse erscheinen uns heute allerdings auch nur als Kleinigkeiten,
gemessen an den katsächlichen Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten der
Kriegswirtschaft, und der Magistrat hatte es leicht, sie aufzuklären. Im-
merhin dürfen wir dem Magistrat durchaus beistimmen, wenn er zum
Schluß schreibt: „Der Magistrat wird schon im eigensten Interesse dahin
wirken, von dieser undankbaren und wenig erfreulichen Aufgabe so bald
als möglich entbunden zu werden.“
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