Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

Zu diesen Bedingungen wurde monatlich eine bestimmte Menge Speck 
abgegeben. Wie zu erwarten, gab es dabei von beiden Seiten Unzufrie- 
denheit: die beiden Fleischerläden waren mit der Gebühr nicht zufrie- 
den, stellten infolgedessen nur je einen Verkäufer für den Spechverkauf, 
und das Publikum mußte stundenlang im Gedränge stehen und entlud 
seinen Zorn in gelegentlichen „Eingesandt“ in der Zeitung. Endlich im 
März 1916 war der Speckvorrat geräumt und das Konto mit einem 
Ueberschuß von 940,25 .4 abgerechnet. 
Vährend noch der Speckverkauf eben in Gang kam, lief eine Sen- 
dung der 3E. ein; diese Gesellschaft hatte die Gelegenheit des Schweine- 
mords benußzt, um große Mengen von Schweinefleisch zu Konserven zu 
verarbeiten, hatte noch wenige Wochen zuvor telegraphisch alle beteilig- 
ten Städte zu einer Kostprobe nach Berlin geladen: jetzt hatte Stolp 
sich veranlaßt gesehen, bei ihr eine Sendung Schweinefleisch, Leberwurst, 
Rotwurst und Sülze, dazu 50 kgx Schmalz zu bestellen und im August 
1915 diese Bestellung sogar noch einmal zu wiederholen. Der Magistrat 
ließ die Waren zunächst im Kühlhaus des Schlachthofs lagern, ohne wei- 
ter darüber zu verfügen. Erst als im November 1915 die Preise für 
Schweinefleisch erheblich herabgesetzt wurden und andere Städte, z. B. 
Schweidnitz, die von der 3E. bezogenen Konserven unter dem Ein- 
kaufspreis anboten, entschloß er sich, die Konservenbestände gleichfalls 
abzustoßen. Sie wurden für den Verkauf den schon erwähnten beiden 
Fleischern übergeben, die je Dose eine Provision von 3 Pfg. bekamen. 
Die Nachfrage scheint nicht sehr groß gewesen zu sein, denn der Verkauf 
zog sich bis zum April 1916 hin. Da begreiflicherweise auch Stolp sich 
den neuen Fleischpreisen anpassen mußte, schloß das Konservengeschäft 
mit einem Verlust von 1062,59 4 ab. 
Hier sei ein Zwischenspiel eingeschaltet, um an einem an sich bedeu- 
tungslosen Beispiel zu zeigen, wie wenig die maßgebenden Behörden auf 
die Belange der Mittelstädte eingingen und wieviel unnötige Arbeit den 
Stadtverwaltungen dadurch verursacht wurde. Im Zuli 1916 wurde in 
Stolp bekannt, daß aus dem Gebiete des Oberkommandos Ost größere 
Mengen von zur Mast bestimmten Gänsen nach Deutschland geliefert 
werden sollten. Der Magistrat mußte sich der Mühe unterziehen, eine 
namentliche Liste der einzelnen Einwohner mit der von jedem gewünsch- 
ten Zahl Gänse aufzustellen und nach Stettin einzusenden; die Gesamt- 
zahl der begehrten Gänse belief sich auf 1192 Stück. Inzwischen hatte 
sich herausgestellt, daß für ganz Pommern 25 000 Gänse geliefert wer- 
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