Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

IV. Querschnitt. 
Es wäre eine verlockende Aufgabe, einmal im Zusammenhang dar- 
zustellen, welche Einwirkung die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen auf 
die Entwicklung der normalen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem 
Erzeuger und Händler auf der einen, dem Verbraucher auf der ande- 
ren Seite gehabt haben. Von dem DPunkte aus gesehen, an dem wir 
stehen, von den Verhälktnissen einer nicht gerade bedeutenden Mitlelstadt 
aus, läßt sich ein solcher Ueberblick nun freilich durchaus nicht gewinnen. 
Immerhin ist es doch vielleicht einmal der Mühe wert, wenigstens für 
einen solchen kleinen Kreis eine derartige Untersuchung anzustellen. 
Feldmarschall von Hindenburg hat am 27. 9. 1916 in einem Brief 
an den Reichskanzler geschrieben: „Alle staatliche Regelung des Ver- 
brauchs muß versagen, wenn nicht die verständnisvolle freiwillige Mit- 
wirkung aller Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land zu Hilfe 
kommt. “ 
Setzen wir einmal den Fall, diese verständnisvolle freiwillige 
Mitwirkung sei allenthalben festzustellen — und wir können nach dem, 
was in Stolp beobachtet wurde, wohl der Meinung Ausdruck geben, 
daß mindestens sehr weite Kreise der Bevölkerung mit großem WVerständ- 
nis und einer heute kaum noch verständlichen Geduld in dem Sinne jener 
Briefstelle mitgearbeitet haben — konnte dann die staatliche Verbrauchs- 
regelung überhaupt ihren Zwechk erfüllen? 
Das Ziel der Verbrauchsregelung mußte doch wohl das sein, unter 
möglichster Schonung all der feinen wirtschaftlichen Beziehungen, die in 
ihren Verästelungen vom Großkaufmann und Erzeuger bis in den klein- 
sten Haushalt gehen, alle Teile, Erzeuger, Händler und Verbraucher, zu 
ihrem Recht kommen zu lassen, sodaß schließlich die Wirtschaft wohl 
ihrem Umfange nach verringert wurde, aber in ihrem Gefüge voll erhal- 
ten blieb. 
Aber da erinnern wir uns an jene schon erwähnte Pressenotiz aus 
dem Reichsamt des Inneren: wenn da ganz offen davon geredet wurde, 
daß Produktion und Handel ohne Gewinn, ja mit Verlust arbeiten soll- 
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