Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

Versorgungsbezirk zu bilden unter der Voraussetzung, daß der Landkreis 
das Getreide liefere, die Stadt ihm die ihren Anteil übersteigende Kleie 
zurückgebe. Der Landkreis erklärte sofort sein Einverständnis. 
Gerade in jenen Tagen war ein Rundschreiben des Städtetages er- 
gangen, in dem vor der Bildung solcher Selbstwirtschaftsverbände aus- 
drüchlich gewarnt wurde, weil einmal die RG. dadurch großenteils aus- 
geschaltet werde, sodann, weil erfahrungsgemäß in solchen Verbänden 
die Landwirte die Oberhand hätten; die Bildung solcher Verbände sei 
nur ratsam, wenn in ihnen die Städte auch wirkllch die Führung 
hätten. 
Durch diese etwas wirklichkeitsfremde Darlegung ließ sich die Stadt 
aber doch nicht abhalten, am 10. 7. 15 beim Innenminister die Geneh- 
migung zur Selbstwirtschaft zu beantragen, die am 15. 8. beginnen sollte. 
Der Antrag wurde zunächst abgelehnt, und zwar stieß sich das Landes- 
getreideamt daran, daß die Ernte in Stolp den Bedarf nicht decken 
würde. Abermals mußte der Magistrat berichten, daß der Bedarf der 
Stadt aus eigenen Mitteln zwar nur bis 15. 12., durch den Zusammen- 
schluß mit dem Landkreis aber völlig gedeckt sei: Ablehnung der Selbst- 
wirtschaft würde den Brotpreis in die Höhe treiben, die Unzufriedenheit 
der Bevölkerung wecken und Beunruhigung hervorrufen; überdies sei 
in der Verordnung vom 28. 6. der Zusammenschluß zusammenhängender 
Bedarfs- und Ueberschußgebiete ausdrücklich gewünscht. Auch das war 
noch nicht ausreichend; der Minister schrieb vielmehr zurück, daß die 
Verbandsbildung nur genehmigt werden könne, wenn für das ganze 
Gebiet eine straffe und einheitliche Organisation geschaffen würde und 
einheitliche Handhabung aller einschlägigen Bestimmungen gewährleistet 
wäre. Der Magistrat mußte also erst noch in einem ausführlichen 
Schreiben dartun, daß allen diesen Anforderungen hinreichend entspro- 
chen sei. Dieser Schriftwechsel ist absichtlich so breit ausgeführt, um zu 
zeigen, daß mit der Zentralisierung der Brotversorgung — und jedes 
anderen Gebietes — ein unendlich mühseliger Bürokratismus verbunden 
war, der jeden selbständigen Schritt und vor allem jedes kaufmännische, 
in raschem Entschluß den Umständen angepaßte Handeln unmöglich 
machte. 
Am 30. 9. 15 überreichte der Landrat einen Entwurf der Satzungen 
des geplanten Versorgungsverbandes (MVeV.) mit einem Anschreiben, aus 
dem folgende Stelle wörtlich angeführt sei: „Der Kreisausschuß hat sich 
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