wurde, sodaß die Stadt einen wenigstens halbwegs zureichenden
Getreidevorrat zur eigenen Verfügung hatte.
Aber schon drohte ein neues Eingreifen der bürokratischen Gewal-
ten, den Geldbenutel der Stadt und dadurch die Getreideversorgung emp-
findlich zu schädigen. Die einzelnen Kommunalverbände waren wie im-
mer gezwungen gewesen, Mehlvorräte zu ersparen, weil nach aller Erfah-
rung gegen Ende des Erntejahres die Lieferungen knapp zu werden
pflegten. Aun war inzwischen eine Preissteigerung für Getreide einge-
treten, und die RG. verlangte plötzlich von den beteiligten VBerwaltun-
gen eine Nachzahlung von 125 44 je dz der vorhandenen Bestände.
Darüber entstand eine unbeschreibliche Aufregung. Der Landrat des
Kreises Stolp erklärte in einem Rundschreiben an alle Kreisausschüsse
der Provinz: „Es ist geradezu ungeheuerlich, daß die RG. das Geld für
Mehlbestände erhalten soll, die die Kommunalverbände am Munde ihrer
eigenen Bevölkerung abgespart haben“, und der Magistrat Berlin ließ
sich im Berwaltungsblatt dahin vernehmen, daß die angegriffene Bestim-
mung „rechtlich und moralisch unhaltbar“ sei. Die Stadt Stolp schloß
sich einem Vorschlag des Kreises Randow an, der einen gemeinsamen
Schritt beim zuständigen Ministerium vorschlug. Leider ist aus den
Akten nicht zu ersehen, wie die Sache ausgegangen ist, doch genügt schon
der Vorgang, um die unhaltbare Rechtslage der RG. ins rechte Licht
zu setzen.
Im weikeren ist die Getreideversorgung der Stadt, abgesehen von
vorübergehenden kleinen Schwierigkeiten, im gleichen Geleise vor sich
gegangen, bis am 15. 9. 1923 die Bewirtschaftung des Brotgetreides auf-
gehoben wurde.
Die Verteilung von Brol und Mehl.
Es ist bekannt, daß schon in den ersten Kriegsmonaten eine Ver-
brauchsregelung für Brot und Mehl angeordnek wurde, zunächst in dem
Sinne, daß Brot mit Kartoffelzusatz — das sog. K.-Brot — gebacken
wurde. Daraus erwuchs den Kommunalverbänden noch heine merkliche
#Elrbeit, da auch der Verkehr mit der bereits im Dezember 1914 vorban-
denen Trockenkartoffel-Verwertungsgesellschaft — (kurzweg Teka
genannt —) in den ersten Monaten Sache der Einzelabnehmer gewesen
zu sein scheint. Ueberhaupt besagen die Akten über die ersten Monate
der Brotversorgung so gut wie nichts, aus dem leicht begreiflichen
Grunde, weil niemand mit einer lange durchgeführten Bewirkschaftung
rechnete und deshalb auch zunächst keine Akten angelegt wurden.
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