Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

wirtschaftskammer und der Mühlenverbände mit dem Oberpräsidenten 
abgehalten, offenbar allein aus dem Grunde, um zu beweisen, wie un— 
recht man der RG. tue, wenn man sie für die schlechten Verhältnisse im 
Müllergewerbe verantwortlich mache. Die Beweisführung, daß Pom- 
mern wegen seines geringen Eigenbedarfs nur 50 5 seiner eigenen 
Getreideernte vermahlen könne, wirkte allerdings durchaus nicht über— 
zeugend. Das Ergebnis war — bezeichnend für die damaligen Ver- 
hältnisse überhaupt — nur für den Bürokraten befriedigend: Die RG. 
stellt einen Plan auf, welche Mühlen in Pommern mit welchen Men- 
gen Getreide von ihr beliefert werden können; der Plan geht an den 
Oberpräsidenten, von da an die Regierungspräsidenten, die nach Anhö- 
rung der Kommunalverbände eine gutachtliche Aeußerung abgeben, dann 
wieder über den Oberpräsidenten an die R. zurück. Die Frage, ob 
das Mahlen nicht ohne Zwang viel besser hätte vorgenommen werden 
können, wurde anscheinend nicht erörkert. Ueber den Ausgang dieser 
Sache besagen die Akten nichts, doch scheint schließlich eine für K. & S. 
befriedigende Lösung gefunden zu sein. 
Eine nicht unerhebliche Erschwerung erfuhr die Arbeit der Mühle 
durch eine Bestimmung der R., daß das gelieferte Getreide nicht beim 
Lieferanten, sondern „aus geschäftstechnischen Gründen“ bei der abneh- 
menden Mühle geprüft werden sollte; dazu verlangte die R., daß völ- 
lig unabhängige Sachverständige bei der Mühle Getreideproben entneh- 
men und an die R. einsenden sollten. Das auszuführen, war nun nicht 
ganz leicht, da jeder Sachverständige in Stolp irgendwie in Geschäftsbe- 
ziehungen zu der Mühle stand, und es bedurfte erst dringender Befür- 
wortung durch den Magistrat, ehe die RG. sich entschloß, den von 
K. & S. vorgeschlagenen Sachverständigen anzuerbennen. 
Mitte 1917 tauchte eine neue Gefahr für den Mühlenbetrieb auf. 
Seit undenklichen Zeiten ist es üblich, daß der kleine Landwirt sein 
Getreide bei der Mühle abgibt und dafür eine entsprechende Menge 
Mehl erhält (sog. Tauschmüllerei). Jetzt wurde plötzlich von oben her 
diese Tauschmüllerei verboten, „da sie sich rechtlich darstellt als Ueberlas- 
sung beschlagnahmten Getreides an den Müller zu dessen Eigentum und 
gleichzeitig als Ueberlassung von beschlagnahmtem Mehl an den Selhbst- 
versorger zu dessen Eigentum“. Allerdings wurde dies Verbot im sel- 
ben Atemzuge wieder durchlöchert durch die Zusatzbestimmung, daß es 
nicht gegen das Verbot verstoße, wenn die Kommunalverbände die 
Tauschmüllerei ausdrücklich zuließen und regelten. Da die Firma 
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