Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

gab, einen Bezugsschein auf dem Rathaus holen, der mit 0,20 4 je Ztr. 
der gewünschten Kartoffelmenge zu Gunsten des Landpreises bezahlt und 
vom Kreisausschuß abgestempelt sein mußte; oder man meldete unter 
Vorlage seines Wirtschaftsbuchs seinen Bedarf bei der städtischen Aus- 
gabestelle im Feuerwehrhause an, von wo aus straßenweise die Lieferung 
erfolgte; oder endlich, man konnte seinen Bedarf aus dem Wirtschafts- 
buch feststellen lassen, die entsprechende Zahl von Kartoffelmarken auf 
dem NRathause empfangen und dann seinen Bedarf beim Kleinhändler 
decken. Als Tageskopfmenge wurden 1 Pfd. festgesetzt. Kaum war 
hiernach der Bedarf bei vielen Familien befriedigt, so erfolgte eine Ver- 
ringerung der Kopfmenge auf 1 Pfd., und alle, die mehr erhalten hat- 
ten, mußten die Mehrmengen abgeben oder auf die Zeit nach dem 15. 
4. 17 verrechnen. Aur den eigentlichen Selbstversorgern blieb eine 
Tageskopfmenge von 1/ Pfd. 
Der Kreisausschuß hatte gegen die Kartoffelabgabe gegen Bezugs- 
schein nichts einzuwenden, ebensowenig gegen die Absicht der Stadt, ihre 
Vorräte beim Erzeuger einmieten zu lassen. 
VWegen der Bezugsscheingebühr entwickelte sich sofortk ein neuer 
Streit zwischen Stadt- und Landkreis. Der Städtetag hatte miltgeteilt, 
daß bei freihändigem Ankauf Privater eine „Lieferung“ des betr. Kom- 
munalverbandes nicht vorliege, mithin auch keine Kommissionsgebühr zu 
zahlen sei. Daraufhin wandte sich die Stadt an den Kreisausschuß mit 
der Bitte, die Bezugsscheingebühr fallen zu lassen. Der äußerte an sich 
sehr schwerwiegende Bedenken gegen das Bezugsscheinverfahren über- 
haupt, war aber bereit, die Gebühr auf 5 Pfg. je Ztr. zu senken. Das 
fand beim Magistrat keine Gegenliebe, weil er mit Recht einwandte, 
daß man jetzt, wo die Mehrheit sich eingedecht habe, eine solche Sen- 
kung nicht verstehen werde. Nun kam in einer persönlichen Besprechung 
der Landrat zu dem Worschlag, die Gebühr den Unbemittelten ganz zu 
erlassen. Auch damit konnte sich der Magistrat nicht zufrieden geben 
und schrieb am 27. 10., daß die Unterscheidung zwischen Bemittelten und 
Unbemittelten praktisch sehr schwierig sei. Eine Antwort darauf erging 
erst nach mehr als einem Monat, am 30. 11: es sei ganz leicht, durch 
Vorlage der Steuerzettel die Minderbemittelten festzustellen: „wenn dem 
Magistrat diese Angelegenheit nicht einmal dieser geringen Mühewal- 
kung wert erscheint, liegt für den Landkreis keine Veranlassung vor, ihr 
noch weiter näher zu treten.“ Weitere Verhandlungsversuche der Stadt, 
ein Hinweis auf die Tatsache, daß sehr viele Leute keinen Steuerzettel 
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