Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

bar. Wir halten es nicht nur für unser gutes Recht, sondern auch für 
unsere Pflicht, uns gerade über derartige Notzeiten unseres Volkes in 
allen Einzelheiten klar zu werden, damit wir aus ihnen lernen und in 
Zukunft die Fehler vermeiden können, die früher in so reichem Maße 
begangen worden sind. Dabei gehen wir von der Ueberzeugung aus, 
daß der alte Spruch, die Geschichte sei nur dazu da, uns zu beweisen, 
daß wir nichts aus ihr lernen, einen hoffnungslosen Pessimismus ver- 
rät, der überwunden werden muß, wenn anders wir überhaupt zu einer 
fruchtbaren Welt- und Wirtschaftsauffassung kommen wollen. 
Ernster zu nehmen wäre ein anderer, ebenso beliebter Einwand, daß 
die Zeit noch nicht reif sei für derarktige Arbeiten, da man, um den 
Standpunkt völliger Objektivität einnehmen zu können, erst einen viel 
größeren zeitlichen Abstand von den Dingen haben müsse, über die 
geschrieben werden soll. Das mag da richtig sein, wo eine Bearbeitung 
von der Beibringung aller vorhandenen Akten auch aus versteckten 
Quellen abhängig ist. In unserem Falle, wo eher die Gefahr besteht, 
daß die Akten als entbehrlich und bedeutungslos beseitigt werden, liegen 
die Dinge anders. Außerdem: wenn man, um den höchsten Grad der 
Objektivität zu erreichen, solche Arbeiten von jemandem schreiben läßt, 
der die fraglichen Zeiten nicht mehr miterlebt hat, steht er wieder vor 
der Schwierigkeit aller eigentlichen Geschichtsschreibung, daß er in 
Akten und Urkunden gewissermaßen nur das Knochengerüst der Ereig- 
nisse vor sich hat und dann entweder keine Geschichte, sondern nur eine 
Chronik geben kann oder gezwungen ist, um seiner Darstellung Blut 
und Leben zu verleihen, ihr seinen Geist einzuflößen, der durchaus nicht 
immer den Geist der Zeiten trifft und dann vielleicht im besten Glauben 
der Aachwelt eine grundfalsche Auffassung der von ihm gemeinten 
Dinge überliefert. Wir glauben deshalb, daß Arbeiten dieser Art gerade 
dem Zeitgenossen vorbehalten sein sollten, der noch aus eigener An- 
schauung über die Dinge berichtet, wie wir übrigens auch der Meinung 
sind, daß zu solchen überwiegend beschreibenden Darstellungen der Laie 
nicht weniger berufen ist als der volkswirtschaftliche Fachgelehrte, der 
vielleicht mit geringerer Objektivität an die Dinge herangeht als der 
durch wissenschaftliche Theorien Unbeschwerte. 
Das Wort „Kriegswirtschaft“ bedarf noch einer Erläuterung. Wir 
verstehen darunker nicht die Wirtschaft schlechthin, soweit sie irgendwie 
durch den Krieg beeinflußt wurde, sondern wir möchten für unsere 
Zwecke das Wort beschränkt wissen auf alle die Fragen, die den Ver- 
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