Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

wesentlich geringer gewesen zu sein scheint, als die Steigerung der Milch- 
preise. Wir erinnern uns aus dem Kapitel über die Butterversorgung 
an den Zeitungskrieg zwischen dem Magistrat und dem landwirtschaft- 
lichen Verein, der die Preisbildung für Milch großenteils zum Gegen- 
stand hatte. Zum mindesten in zeitlichem Zusammenhang mitl diesem 
Zeitungskrieg äußerte die Molkerei die Absicht, für Familien mit einem 
Einkommen von weniger als 1500 44 und mit Kindern unter 5 Jahren 
die Vollmilch 2 Pfg. unker dem Marktpreis zu geben. Der Magistrat 
nahm dies Anerbieken dankbar an und veranstaltete eine Umfrage, die 
einen Bedarf von 2000 1 täglich ergab; für diese 2000 1 sollten vom 
Magistrat nun Milchkarten ausgegeben werden. Leider mußten alle, 
die an der Milchverbilligung teilzuhaben hofften, eine Enktäuschung erle- 
ben. Am 1. 11. 15 sollte die Verbilligung in Kraft kreten; aber am 
30. 10. zog die Molkerei ihr Angebot zurück, weil nach einer Bundes- 
raksverordnung vom 22. 10. jetzt Höchstpreise für Milch festgesebt wer- 
den sollten. 
Auch diese Höchstpreise — 18 Pfg. je Liter — erschienen dem Magi- 
strat für die ärmeren Bevölkerungsschichten noch zu hoch, sodaß er sich 
veranlaßt sah, seinerseits eine Verbilligung in die Wege zu leiten. Vom 
1. 2. 16 an wurde Familien mit einem Einkommen unter 2000 A1 und 
mindestens 3 Kindern unter 7 Jahren die Milch zum Vorzugspreise 
von 16 Pfg. abgegeben. Zur Kontrolle wurden Milchkarten gedruckt, die 
einen Monat gelten sollten und entsprechend den Monatsdaten fortlau- 
send nummerierte Abschnitte trugen; jedes Kind unter 7 Jahren sollte 
eine solche Karte bekommen. Der gegenüber dem Höchstpreis entstehende 
Unterschiedsbetrag sollte aus dem Mehlkonto gedecht werden. Ausgege- 
ben wurden im Februar 585 solche Karten, im März 753, im April 723, 
im Mai 834, im Juli 912 bis zur Höchstziffer von 1000 im September, 
sodaß der Stadt eine Ausgabe bis zu 600 41 monatlich erwuchs. 
Neben diesen WMengen sollte noch besondere „Kindermilch“ von St. 
Georg abgegeben werden, doch waren die nötigen Maschinen nicht recht- 
zeitig zu erhalten, sodaß die Lieferung erst im November 1916 begonnen 
werden konnte. 
Allmählich krat nun eine Entwicklung ein, die niemand hatte vorher- 
sehen können: der Milchverbrauch nahm nämlich überraschend schnell zu, 
je schwieriger sich die Lebensverhältnisse sonst gestalteken, während die 
Milcheinlieferung in die Molkerei ebenso schnell zurüchging:; bei dieser 
letzteren Erscheinung mag die Höchstpreisverordnung vom Herbst 1915 
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