Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

bung auf 50 000 Köpfe geschätzt wurde. Es wurden danach für notwen- 
dig gehalten: Mehl bei einem Bedarf je Kopf und Tag von * Pfund 
7500 Ztr., ferner 200 Ztr. Erbsen, 200 Ztr. Zucker, 1000 Ztr. 
Salz, 100 Zir. Schmalz und 150 Sack Reis. Diese Waren wurden 
auch sofort von der Stadt beschafft mit der einen Einschränkung, daß 
nicht 7500 Ztr. Mehl, sondern 2000 Ztr. Roggen, 2200 Ztr. Noggen- 
mehl und 2100 Ztr. Weizenmehl gekauft wurden. Mehl und Roggen 
wurden auf dem Bollmannschen Speicher eingelagert, den der Magistrat 
zu einem Preise von 100 44 monatlich mieten mußte. Wegen der übri- 
gen Waren wurde mit dem Verein der Kolonialwarenhändler ein Ver- 
trag abgeschlossen: sie sollten die Waren auf ihr Lager nehmen und nur 
auf Anweisung des Magistrats abgeben; dafür sollten sie berechtigt sein, 
auf ihre Selbstkosten 5 4“ als Gewinn aufschlagen zu dürfen. 
Mit diesem Vertrage zeichnete sich bereits eine Entwicklung ab, die 
den Magistrat immer mehr in die Nolle des selbständigen Kaufmanns 
hineingleiten ließ und dadurch nach allen Seiten hin Mißstimmung und 
Gereizlheit erzeugte, schon ehe die eigentliche Zwangswirtschaft einge- 
setzt hatte, ohne daß man eigentlich dem Magistrat eine Schuld zuschie- 
ben könnte. Mit dem Augenblich, wo der Magistrat die Beschaffung 
von Waren in die Hand nahm, mußte er Wert darauf legen, den Ver- 
kauf so einfach wie möglich zu gestalten. Hatte er z. B., wie eben berich- 
tek, Reis usw. in größeren Mengen gekauft, konnte er sich den Absatz 
nur dadurch erleichtern, daß er ihn einer beschränkten Anzahl von Kauf- 
leuten übertrug, die gleichzeitig in der Lage waren, die Ware zu lagern, 
ohne Rücksicht darauf, daß zahlreiche kleinere Kaufleute, die die Lage- 
rungsmöglichkeiten nicht hatten, dadurch wirtschaftlich geschädigt wurden. 
Handelte es sich aber um Waren, die wegen zu geringer Menge oder 
leichter Berderblichkeit — Fische! — die Verteilung an die Kaufleute als 
bedenklich erscheinen ließen, war der Magistrak gezwungen, auch den 
Einzelverkauf in die Hand zu nehmen, mit anderen Worten selbst einen 
Laden aufzumachen und die Waren durch eigene Angestellte im Feuer- 
wehrhause verkaufen zu lassen; inwieweit sich daraus Schwierigkeiten 
und Verwichlungen ergaben, wird später deutlich werden. Allerdings — 
das muß ausdrücklich betont werden — dürfte der Magistrat von An- 
fang an in seinen Entschlüssen nicht frei gewesen sein. Nachdem 
einmal, was schon gleich zu Anfang des Krieges geschah, die Großstädte 
als Abnehmer für Waren aller Art auf den Plan getreten waren, war 
es den Großhändlern und den rasch zu Genossenschaften zusammenge- 
9
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.