Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

Abrechnung fehlte, sodaß der dringende Verdacht bestand, daß sie zu 
wenig eingeliefert, vermutlich irgendwo verbuttert waren. 
Der 28. 7. 17 brachte eine neue Kürzung der Magermilchration: 
Mengen von über ½ 1 je Haushalt wurden jeden 2. Tag, solche von über 
& 1 jeden 2. und 3. Tag, solche von über 11 jeden Tag um &I gekürzt. 
Angesichts dieser Verhältnisse wirkt es etwas eigenartig, daß kurz vor- 
ber die PFe. an den Magistrat schreiben konnte, daß die Magermilch 
einen hinreichenden Ersatz für die Milchversorgung der Vollmilchvorzugs- 
berechtigten bilde. 
Am 8. 9. 17 wurden täglich höchstens 2700 1 Magermilch geliefert, 
und die Ration je Kopf und Tag war auf * l herabgesetzt. Aber gleich- 
zeitig wurde geklagt, daß die Milchfahrer der Güter trotz ihrer Kunden- 
listen ihre Milch unkontrolliert in den Häusern verkauften. Der Magi- 
strat regke beim Kreisausschuß wie bei der PFe. eine Bestimmung an, 
daß die Güter, die die Milchwagen schichten, ihre Milch an die Molke- 
rei zu liefern hätten; das erregte aber den Zorn der Güter, die z. T. 
drohten, bei einem Verbot des Wagenbetriebes ihr Milchvieh abzuschaf- 
fen und nur noch Mastvieh zu halten. 
Und in den Milchläden drängten sich die Leute, um wenigstens etwas 
Magermilch zu erhalten, sodaß die Verkäuferinnen sich bitter beklagten 
und der Magistrat ihnen raten mußte, telephonisch polizeiliche Hilfe zu 
erbitten, wenn das Publikum zu aufdringlich würde. Gleichzeitig kamen 
vor den Oberpräsidenten Klagen, das armen Leuten die Milch zu teuer 
sei, sodaß sie sie mit Gewinn an Wohlhabendere verkauften, und der 
Magistrat mußte die Nichtigkeit dieser Behauptung „in einzelnen Fäl- 
len“ zugeben. 
Wer damals einen Weg fand, sich unrechtmäßig Milch zu verschaf- 
fen, betrat ihn unbedenklich. Der Magistrat, der die Genehmigung hatte, 
die auf der Viehsammelstelle stehenden Kühe für seine Rechnung melhken 
zu lassen, mußte zu seinem Bedauern feststellen, daß immer wieder nachts 
Unbefugte eindrangen und seine Kühe molken, ohne daß man ihrer hab- 
haft werden konnte, und es mußten Nachtwachen angestellt werden, um 
das zu verhindern. — Diese Melbberechtigung des Magistrats hatte 
übrigens ein etwas tragisches Ende. Die Kühe wurden fleißig gemolhen, 
und der Magistrat erzielte aus dem Milchverkauf sogar noch einen Ueber- 
schuß. Als aber die Sammelstelle im Dezember 1918 aufgelöst wurde, 
verlangte der bisherige Leiter, ein Stolper Viehhändler, eine Abrechnung 
über die empfangene Milch, da er die Bezahlung dafür beanspruchen 
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