Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

Idendität von 
Staat und Ge- 
meinde. 
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ein oligarchisches Gepräge trägt, so ist innerhalb des Reiches nun- 
mehr für eine Bethätigung weitgehender demokratischer Ideen kein 
Raum mehr vorhanden. 
Eine Eigentümlichkeit der hamburgischen Staatsform ist die, 
dass sich im wesentlichen Staat und Gemeinde decken, und die 
für den modernen Staat als Flächenstaat charakteristische Ein- 
teilung in hierarchisch gegliederte Verwaltungsbezirke entfällt. 
Die Gemeindeangelegenheiten der Stadt Hamburg in dem durch 
Gesetz vom 22.6. 1894 bestimmten Umfang werden in derselben 
Weise wie die Angelegenheiten des Staates von Senat und Bürger- 
schaft verwaltet (Artikel 97 der Verfassung). 
Diese Identität des Organes für die Staats- und Gemeinde- 
verwaltung ist keine äusserliche Zufälligkeit, sondern eine not- 
wendige Folge aus dem Charakter Hamburgs, dem einer zum Staat 
gewordenen Kommune. Begrifflich ist der Senat, soweit es sich 
um das Stadtgebiet nach dem (Gresetz vom 22.6. 1894 handelt, 
notwendig Staats- und Gremeindevorstand, der Senat ist hier auch 
Gemeindebehörde. Angesichts dieser thatsächlichen Verhält- 
nisse erscheint es begrifflich unmöglich und daher rechtlich un- 
zulässig, wenn der Senat durch Bekanntmachung, z. B. durch die 
vom 13.10. 1899 bezüglich der Ausführung der Gewerbeordnungs- 
novelle vom 1.6. 1891 die Finanzdeputation für die Stadt, einzelne 
Behörden als Gemeindebehörden im Sinne bestimmter Gesetze 
bezeichnet. Die Bekanntmachung versucht eine gesetzliche Fiktion. 
Eine solche kann wohl einen nicht gegebenen Thatbestand er- 
denken, oder einen gegebenen lückenhaften ergänzen, niemals aber 
vermag sie in Widerspruch mit der objektiv vorhandenen Wirk- 
lichkeit einen thatsächlich bestehenden Zustand, hier die that- 
sächlich gegebene Identität von Senat und Gemeindebehörde, hin- 
weg zu denken. Rechtlich ganz unmöglich sind nun die Versuche 
für verschiedene Fälle, unter Umständen sogar desselben Reichs- 
gesetzes, gar verschiedene untergeordnete Behörden an Stelle des 
einen Senates zu Gemeindebehörden zu stempeln, so für die 
Fälle des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirtschaft 
vom 30.6. 1900 die Polizeibehörde für die Stadt (Bekannt- 
machung vom 26.9. 1900), für die Fälle der Gewerbeordnungs- 
novelle vom 30.6. 1900 für denselben Bezirk in Anwendung 
des 8 139f. die Deputation für Handel und Schiffahrt, des $ 139i 
die Polizeibehörde (Bekanntmachung vom 12.11. 1900). Die
	        
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