Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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Also die Verfassung!) des Staates, in dem die Streitigkeit 
existent ist, darf keine zur Entscheidung von Verfassungs- 
streitigkeiten kompetente Behörde bestimmen, wenn der 
Bundesrat auf Grund des Artikels 76 Abs. 2 zuständig sein 
soll. Es existiert eine derartige Behörde in folgenden neun 
Staaten: 
im Königreich Sachsen ;?) 
im Grossherzogtum Oldenburg; ) 
. im Herzogtum Braunschweig; *) 
. im Herzogtum Sachsen-Altenburg; 5) 
5. in der Freien und Hansastadt Lübeck;°) 
1) Der Begriff Verfassung ist hier nicht gleich Verfassungsurkunde zu 
setzen. Ein beliebiges im Staate ergangenes Gesetz kann über die Art und 
Weise der Erledigung von Verfassungsstreitigkeiten Bestimmungen treffen. 
Entgegen Cybichowski, der diese Auffassung für etwas aussergewöhnliches 
hält, und keinen Grund einsieht, der für diesen „ungewöhnlichen” Gebrauch 
des Wortes Verfassung spräche, meine ich, dass vielmehr kein Grund vor- 
iegt, gerade hier den erhöhten Schutz von Verfassungsnormen eintreten zu 
lassen. Zwingende Gründe, welche, wie oben dies der Fall war, eine Ein- 
schränkung des Begriffes bedingen würden, sind nicht vorhanden. Und 
deshalb erachte ich eine solche Einschränkung für unzulässig. 
2) Verfassungsurkunde vom 4. September 1831 8153: „Wenn über die 
Auslegung einzelner Punkte der Verfassungsurkunde Zweifel entsteht, und 
derselbe nicht durch Uebereinkunft zwischen der Regierung und den 
Ständen beigelegt werden kann . . .“ 
9) Revidiertes Staatsgrundgesetz vom 22. November 1852 a. 209: 
„Waltet über die Auslegung des Staatsgrundgesetzes oder über die Grenzen 
der verfassungsmässigen Mitwirkung des Landtages eine Verschiedenheit der 
Ansichten zwischen der Staatsregierung und dem Landtag ob... .* 
4) Neue Landschaftsordnung vom 12. Oktober 1832 8$8 231: „Wenn 
die Landesregierung und die Stände eine verschiedene Ansicht über die 
Auslegung einzelner Bestimmungen des Landesgrundgesetzes haben sollten .. .* 
6) Grundgesetz vom 29. April 1831 8266 Abs. 2: „Im Falle einer 
nicht auszugleichenden, verschiedenen Ansicht zwischen der Staatsregierung 
und Landschaft über die Auslegung einzelner Punkte . . ." 
6) Verfassung vom 5.April 1895 Art.74: „Wenn zwischem dem 
Senat und der Bürgerschaft über die authentische Auslegung bestehender 
Gesetze eine Meinungsverschiedenheit obwaltet, insbesondere, wenn Be- 
stimmungen der Verfassung streitig sind, oder wenn ein von dem Staate 
oder von der Bürgerschaft auf Grund der Verfassung in Anspruch ge- 
nommenes Recht von dem andern Teile bestritten wird . . .*, und Bekannt- 
machung vom 21. Juli 1879. 
BD 
 
	        
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