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Diese Auffassung schliesst natürlich nicht aus, dass der
Bundesrat die Kompetenzen des von ihm beauftragten Ge-
richtshofes nach Belieben einschränken kann. Nur muss bei
der Ueberweisung ein entsprechender Beschluss des Bundesrates
vorliegen. So hindert ihn nichts, dass er jenem Gerichtshofe
nur die Entscheidung dieser oder jener in dem Streite hervor-
tretenden Frage überlässt, oder dass er nur ein sachverständiges
Gutachten verlangt. Eine derartige Beschränkung muss bei
der Ueberweisung ausdrücklich hervorgehoben werden, damit
das beauftragte Gericht sich nicht im Irrtum über den Kreis
seiner Befugnisse befinden kann. Wird eine Beschränkung
der Befugnisse nicht ausdrücklich hervorgehoben, so greift
die Vermutung Platz, dass es die Absicht des Bundesrates
sei, alle verfassungsmässig ihm zustehenden Rechte und deren
Ausübung aus den "Händen zu geben.
Perels begründet die entgegengesetzte Ansicht damit:
»es widerspreche die Streiterledigung durch ein vom Bundes-
rat bestimmtes Organ der Bestimmung der Reichsverfassung,
nach welcher der Bundesrat den Streit zu erledigen habe.“ ?)
Diese Begründung greift fehl. Ihr Grundfehler liegt darin,
dass bei der Erklärung eines Begriffes dieser selbst wieder
verwendet wird. Allerdings soll der Bundesrat den Streit
erledigen. Aber auch nur „erledigen“. Die Frage ist eben
die: was heisst „erledigen!“ Und ich behaupte, dass der
Streit auch dann vom Bundesrate erledigt wird, wenn er die
Entscheidung einer anderen Behörde überträgt. Ich behaupte
ferner, dass, wenn die Entscheidung einer anderen Behörde
übertragen wird, die Entscheidung der beauftragten Behörde
nicht der Sanktion durch den Bundesrat bedarf, sondern
dass sie unmittelbar rechtswirksam wird, denn der Begriff
der Erledigung setzt nicht eine Selbstentscheidung durch den
Bundesrat voraus.
Der Auffassung Labands:?) „Der Schiedsrichter erstatte
lediglich ein sachverständiges Gutachten, welches nur dadurch
2) Perels, a. a.O. S. 40.
8, Laband, Staatsrecht I S. 236; vgl. auch Meyer, Staatsrecht $.711.