Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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wie auch die Behauptung Fleischers,*) das in Gemässheit des 
Art. 76 Abs. 2 ergehende Reichsgesetz sei Sätze der Landes- 
verfassungen abzuändern nicht imstande, als richtig nicht an- 
erkannt werden kann. Fleischer sieht von einer Begründung 
seiner Ansicht ab. Cybichowsky meint, ein Gesetz der be- 
zeichneten Art enthalte eine Erweiterung der Reichskompetenz. 
Dem ist aber zu entgegnen, dass der Art. 76 Abs. 2 R.V. dem 
Inhalte des streiterledigenden Gesetzes keine Schranken setzt 
und dass sich hieraus als notwendige Konsequenz ergibt, dass 
auch die Neuschaffung oder Abänderung einzelstaatlichen Ver- 
fassungsrechtes durch das zu erlassende Reichsgesetz zugelassen 
wird, wenn nur dadurch die Erledigung des Streites erreicht 
wird. Von einer Erweiterung der Reichskompetenz kann nicht 
die Rede sein.) — Im übrigen sehe ich keine Veranlassung, 
von dem allgemeinen Grundsatze des Art. 2 R.V., nach dem 
jedes Reichsgesetz den Landesgesetzen vorgeht, hier abzu- 
weichen. Die Anführung dieser Bestimmung wird genügen 
zur Widerlegung der oben erwähnten Behauptung Fleischers. 
Die im Wege der Reichsgesetzgebung erlassene Entscheidung 
hat legis imperiül vicern in jedem Falle. 
Doch entbehrt die hier aufgeworfene Frage insofern 
grösserer praktischer Bedeutung, als Bundesrat und Reichstag 
kaum jemals den vom Gesetz zugelassenen Weg der Selbst- 
entscheidung wählen werden. Bundesrat und Reichstag sind 
politische Körperschaften, die stets — mehr oder weniger — 
nach politischen Grundsätzen entscheiden werden. Juristische 
Gesichtspunkte werden schon deshalb, weil beide Körperschaften 
ihrer Organisation und Zusammensetzung nach zur Entscheidung 
von Rechtsfragen nicht geeignet sind, bei der Entscheidung stets 
  
4) Fleischer, Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates $S. 43. 
5) Auch bei Uebertragung der Entscheidung an ein Gericht würde nach 
der Ansicht Cybischowskys in ihrer konsequenten Ausdehnung, falls die Ent- 
scheidung irgendwelche mit den Landesgesetzen kollidierende Bestimmungen 
enthielte, diese nachher der Bestätigung durch die gesetzgebenden Körper- 
schaften bedürfen, und diese Bestätigung würde nur in der Form eines ver- 
fassungsändernden Gesetzes erfolgen können! Ich kann es mir wohl er- 
sparen, die Unhaltbarkeit einer derartigen Behauptung noch im einzelnen 
nachzuweisen.
	        
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