Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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der Bundesrat seine Zuständigkeit zu Unrecht ausgesprochen 
hat.) — 
Die abweichenden Ansichten Zorns und Kekules von 
Stradonitz sind zu widerlegen. 
Kekule von Stradonitz?) begründet seine Ansicht folgender- 
massen. Es sei nicht absolut notwendig, dass die Parteien 
rechtlich sämtlich in ihrer Eigenschaft als Bundesstaaten an 
dem Streite beteiligt seien, es genüge vielmehr, dass der 
Bundesfürst, welcher als Partei auftrete, seine dynastische Sache 
tatsächlich zur Sache des von ihm regierten Bundesstaates 
gemacht habe. Ausserdem lasse die Terminologie der Reichs- 
verfassung zu, statt „Bundesstaaten“ zu setzen „Bundesglieder“ 
oder „Mitglieder des Bundes“, weil die Reichsverfassung beide 
Begriffe wiederholt als gleichbedeutend verwende. Es sei ferner 
zur Zeit des Deutschen Bundes der Fall vorgekommen, dass 
die Bundesversammlung die Entscheidung durch die Austrägal- 
Instanz bewirkt habe, obwohl es sich um Streitigkeiten ge- 
handelt habe nicht zwischen zwei Bundesstaaten, sondern 
zwischen einem Bundesstaate auf der einen und einem Bundes- 
fürsten auf der anderen Seite, wobei auch der letztere nicht 
als Souverän eines Bundesstaates, „sondern in seiner Eigen- 
schaft als Agnat des in dem gegnerischen Bundesstaate regie- 
renden Hauses“ aufgetreten sei. Als praktischen Fall erwähnt 
Kekule den Streit zwischen Lippe und Schaumburg-Lippe über 
die Landeshoheit in den Aemtern Blomberg und Schieder, 
welcher am 22. Dezember 1838 durch Urteil des Gross- 
herzoglich Badischen Oberhofgerichtes dahin entschieden 
wurde, dass „der erbherrlichen Linie Schaumburg-Lippe unter 
der detmoldischen Souveränität ihre vertragsmässigen Patri- 
monialrechte und untergeordneten Herrlichkeiten (im Paragium 
Blomberg) nach Massgabe der Familienverträge verbleiben“. 
  
8) Der Bundesrat hat allerdings von der von ihm selbst ausgesprochenen 
Zuständigkeitsbefugnis keinen Gebrauch gemacht. Er hat in Ausübung 
einer lediglich vermittelnden Tätigkeit eine Einigung unter den Parteien 
herbeigeführt, indem die Entscheidung auf seinen Vorschlag durch Vertrag 
vom 5./8. November 1904 dem Reichsgerichte überwiesen wurde. 
9) Kekule v. Stradonitz, Erörterungen über den gegenwärtigen Stand 
der Lippeschen Thronfolgefrage. Archiv für öffentl. Recht Bd. XIV S. 1ff. 
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