Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

460 I. 4. Der Befreiungzkrieg. 
angeschlossen, zahlreiche Freiwillige unter die Fahnen ihres alten Landes- 
herrn gestellt hatten. Sobald die sächsische Herrschaft zurückkam, wurde 
das Cottbuser Land von den Franzosen in Belagerungszustand erklärt, eine 
Anzahl der angesehensten Patrioten, der wackere Landrath von Normann 
voran, auf die Anzeige der sächsischen Beamten in das Gefängniß geworfen 
und den Familien der Freiwilligen, bei Strafe der Vermögenseinziehung, 
anbefohlen ihre Söhne zur Heimkehr aufzufordern. Diese boshafte Ver- 
folgung erfüllte die Bewohner des Landes mit so ingrimmigem Hasse, 
daß sie nach der Wiederbefreiung den König baten, er möge sie der Kur- 
mark, nicht der Provinz Sachsen zutheilen: „wir wünschen nie wieder mit 
den sächsischen Behörden in ein näheres Verhältniß zu treten, auch dann 
nicht wenn sie den k. preußischen Unterthanen zugesellt werden sollten.“) 
Auf Befehl des Protectors eilte Friedrich August selbst aus Prag 
herbei um durch die Spaliere französischer Truppen in der sächsischen 
Hauptstadt einzuziehen, und das neutrale Oesterreich ließ den abtrünnigen 
Bundesgenossen ungehindert in das napoleonische Feldlager zurückkehren. 
Der Imperator empfing ihn um so freudiger, da er aus dem Hergange 
errieth, daß Kaiser Franz noch keineswegs entschlossen war zu den Ver- 
bündeten überzutreten. Fortan fuhr der sächsische Hof wieder mit vollen 
Segeln im Fahrwasser der französischen Allianz: er hoffte abermals auf 
Preußens Kosten sich zu vergrößern und erbat sich bei dem Protector für 
den Fall des Friedens: Glogau und einen Strich von Schlesien, dergestalt 
daß Kursachsen mit Warschau ein zusammenhängendes Gebiet bilden sollte. 
König Friedrich Wilhelm aber sagte schon im Mai einem sächsischen Edel- 
manne voraus: der Untergang der albertinischen Krone werde die unver- 
meidliche Folge solcher Treulosigkeit sein. 
Die Verbündeten waren mittlerweile über die Elbe in die Ober- 
lausitz zurückgewichen. Napoleon folgte; sein Heer stand zerstreut auf der 
weiten Linie von Dresden bis Wittenberg. Er faßte jetzt zum ersten 
male den Plan zu einem Angriff auf Berlin — einen Gedanken, der 
seitdem in allen Berechnungen dieses Feldzugs immer wiederkehrte: wäh- 
rend er selbst der Armee der Allüurten ostwärts folgte, sollte Ney durch 
einen raschen Zug gen Norden den gehaßtesten und gefährlichsten der 
Feinde in seiner Hauptstadt bedrohen. Das preußische Hauptquartier 
war auf das Aergste gefaßt und traf bereits Anstalten, Berlin nöthigen- 
falls im Straßenkampfe durch den Landsturm zu vertheidigen. Die Armee 
jedoch blieb mit den Russen vereinigt; der König wollte die Stellung in 
der Nähe der österreichischen Grenze behaupten, er hoffte durch einen Sieg 
des vereinigten Heeres die zaudernde Hofburg zum Anschluß zu bewegen. 
In der That war ein Erfolg möglich, wenn Wittgenstein sogleich mit 
seinem gesammelten Heere einen Angriff auf Napoleon unternahm, bevor 
dieser seine Armee vereinigt hatte. Die russische Führung aber, die in 
*) Eingabe der Deputirten des Cottbuser Kreises an den König, Berlin 25. Aug. 1814. 
 
	        
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