Der Nebenkläger hat sich mehrfach darauf berufen, daß er nicht
anders gehandelt 1 wie viele andere Abgeordnete. Das Gericht muß
beshalb, ohne diese Vehauptung als wahr zu unterstellen, aussprechen,
daß ein Mißbrauch durch weite Verbreitung nicht geheiligt wird.
Ich komme zur rechtlichen Beurteilung.
In einigen wenigen Punkten der Druckschriften ist der Wahrheits-
beweis nicht erbracht. Auch soweit er erbracht ist, bleibt
der Angeklagte Mn Denn die Umstände ergeben zur
Genüge, daß er die Absicht hatte, den Nebenkläger zu beleidigen.
Die Straffreibeit wegen Wahrung berechtigter Interessen
ist dem Angeklagten ascht zuzubilligen. JIch erwähne hier nur,
daß ein eigenes, berechtigtes Interesse des Angeklagten an der Rein-
b6 tung des Ministeramts nicht anzuerkennen ist. Der Angeklagte hat
erner zugegeben, was übrigens der Inhalt der Druckschriften genügend
bezeugt, baßt er die meisten Tatsachen vorgebracht hat, um ein gericht-
lches Vorgehen des Rebenklägers gegen sich zu erzwingen.
Es bleibt weiter eine Reihe von formalen Beleidigungen. Nicht zu
verwerten sinb hierbei alle die Außerungen, die in unmittelbarem Zu-
sammenhang mit den ausgeschiedenen Tatbeständen (Gruppe 4 und
Belgien) stehen. Das Gericht hat weiter berücksichtigt, daß im politischen
Kampf nicht jedes Wort auf die Goldwage *7r*15. wird. Immerhin
bleiben als strafbare Beleidigungen folgenbe
Tußerungen: „der Krebsschaden Erzberger"; „der Mann mit der
ehernen Stirn“; „ich spreche ihm öffentlich meine Verachtung aus“ (biese
ußerung mit Rücksicht auf die nicht erwiesene Denunziation „Erz-
Lener ist zu seige“; „er drückt zur Schande Deutschlands den Minister-
tuhl“
Ehrennotwehr konnte das Gericht in keinem Fall annehmen. Der
Angeklagte war der Angreifer. Jedenfalls lag beim Erscheinen der
Flugschrift ein gegenwärtiger Angriff auf ihn nicht vor.
Ein Ausgleich der beiderseitigen Beleidigungen nach § 199 StGB.
war nicht möglich, auch nicht am Platz.
Die Strafe war wegen Vergehens gegen §§ 185, 186 St SB. in
einheitlichem Zusammentreffen aus § 186 zu erkennen.
Bei der Strafzumessung war namentlich zu beachten, daß der
Angeklagte aus vaterländischen Beweggründen ge-
126 ¾l bels bat, mag ihm auch der Haß die einmal angesetzte Feder ge-
aben.