Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

oder vom „seßzehnten“ Dezember. Die Demokraten Gothein 
und Schücking aber wirken fast mumienhaft. Zum mindesten 
so, als seien sie socben aus Großmutters Mottenkiste hervor- 
geholt; sowie sie den Mund auftun, glaubt man einen Naph- 
thalingeruch im Saale zu verspüren. Alle diese Unter- 
suchungskommissare machen durch ihre kindlichen Fragen eines 
sofort klar: daß das „neue System“, durch diese sozusagen 
Staatsmänner repräásentiert, den Weltereignissen noch un- 
glaublich viel bilfloser gegenübersteht, als selbst der reichlich 
dilettierende Herr v. Bethmann Hollweg. 
Herr Cohn wühlt immer nur nach ganz besonderen 
Trüffeln. Er will andauernd irgendwelche Untaten des 
Kaisers zutage fördern und fragt auch heute wieder den 
Grafen Bernstorff nach Außerungen des Kaisers über den 
Wilsonfrieden; er zieht erneut, wie immer, eine Niete. . 
Noch lächerlicher macht sich Singheimer, der vom Staats- 
sekretär a. D. Zummermann wissen will, welche Motive Herrn 
Clemenceau bei der Ablehnung der Wilsonschen Friedens- 
aktion bewegten. Ahnliche Fragen tauchen immer wieder 
auf: was dieser oder jener JZeuge darüber vermute, was dieser 
oder jener andere Staatsmann sich gedacht habe. 
Im Tone sehr scharf wehrt Bethmann heute solche finn- 
losen Belästigungen ab. Ein zustimmendes Gemurmel läuft 
den ganzen Saal entlang. Er ist doch voll von Intellektuellen; 
und sie alle, auch die Parteigenossen der Frager, empfinden 
deren Tasten und Stammeln als blamabel für das deutsche 
Parlament, das deutsche Gerichtsverfahren, den deutschen 
Geist. Zudem droht die Gefahr des Versandens. Wer wird 
für diese Art Untersuchung nach 14 Tagen noch Leselust 
aufbringen? 
Bisber hat Scheidemann jedenfalls nicht „die Herren 
zu fassen gekriegt“, sonddern muß, da er klüger ist als die 
Mehrheitstrabonten im Untersuchungsausschuß, schon er- 
26
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.