390 Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag.
waren wir beide in Folge der nervösen Spannung der Situation
krankhaft erschöpfti), und meine sofortige mündliche Mittheilung
an den sächsischen Minister von Beust trug noch den Stempel
dieser Erregung ). Die Krisis war aber überwunden, und der
König von Sachsen reiste ab, ohne meinen Herrn, wie ich es
befürchtet hatte, nochmals aufzusuchen.
Nachdem der König auf der Rückreise von Baden-Baden
(31. August) nach Berlin so nahe an Frankfurt vorüber ge-
fahren war, daß der entschlossene Wille, sich nicht zu betheiligen,
zu Tage lag, wurde die Mehrheit oder wurden wenigstens die
mächtigsten Fürsten von einem Unbehagen erfaßt bei dem Ge-
danken an den Reformentwurfz), der sie, wenn Preußen fern
blieb, mit Oestreich allein in einem Verbande ließ, in dem sie
helm's I. (Berlin, 1897) S. 203 und im Staatsarchiv von Aegidi und
Klauhold VIII 87 f. Anlage zu Nr. 1759.
1) Vgl. Brief des Königs Wilhelm an den König Johann von
Sachsen vom 20. Aug. 1863:
„Ich wollte nach der Soirée bei meiner Tochter zu Dir kommen,
ich bin aber bei ihr so unwohl von Nerven-Zuckungen geworden, daß
ich eben erst, 11 Uhr, zu Haus komme und zu Bette soll. Alle Expedi-
tionen erhältst Du vor 6 Uhr.
Gott seegne Dich für Deine Freundschaft für mich. Wenn ich nach
harten Kämpfen aber bei meinem früheren Entschluß bleiben muß und
Eurer Arbeit Vorlage abwarte, ohne mich an der Vorberathung zu be-
theiligen, so bin ich nur nach meines Gewissens Eingabe verfahren.
Gott seegne Dich!
Dein treuer Freund
Wilhelm.
Verzeihe die zitternde Schrift. Eben verlangt der Arzt, daß ich
morgen länger das Bett hüten soll, also würde ich Dich nicht sehen
können.“ (S. Briefwechsel 2c. S. 418 Nr. 281.)
2) Vgl. Beust, Aus drei Viertel-Jahrhunderten (Stuttgart, J. G.
Cotta'sche Buchhandlung Nachf., 1887) I 332 f., v. Sybel II 532, Hohen-
lohe-Ingelfingen, Aus meinem Leben II 354 f.
:) Der aus den Verhandlungen des Fürstentags hervorgegangene
Entwurf einer Reformacte des Deutschen Bundes ist gedruckt im Staats-
archiv von Aegidi und Klauhold VIII 179 ff. Nr. 1760; die Protocolle
der Sitzungen s. ebd. Nr. 1759 (S. 74—179).