Präambel. 151
diesem Zwecke in die Landes= und Reichsgesetze einzu-
greifen. Das Kriegszustandsgesetz ist als Ausnahme-
gesetz selbst ein Eingriff in geltendes Reichsrecht. Da die
Ausübung von in Friedenszeiten gewährleisteten Rechten
in Kriegszeiten die gmit Sicherheit gefährden kann,
3. B. das Tragen von Schußwaffen, die Preßfreiheit, der
Handel mit bestimmten Waren usw., so fordert die Sorge
um die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit von selbst,
die Ausübung solcher Rechte während der Dauer des
ieges ganz oder zeitweise zu verbieten oder zu be-
ränken.
Nach alledem sind die auf Grund des Art. 4 Ziff. 2
des Kriegszustandsgesetzes erlassenen Anordnungen rechts-
wirksam, auch wenn sie mit Landes= oder Reichsgesetzen
in Widerspruch stehen."
Im Ergebnis übereinstimmend auch Graßmann
in Seydel-Graßmann S. 252 Anm. 62, Meyer in
L3. 1916 S. 779. ç
III. Die grundlegenden Unterschiede zwischen
86. und Bz. hinsichtlich Umfang und Wir-
ungen.
a) Der Umfang des KSG. ..
Die Motive des Gesetzes geben keinerlei Aufschluß
darüber, weshalb das K 3 G., anders wie sein Vorbild,
der Entwurf eines bayrischen Gesetzes über den Belage-
rungszustand, wie er sich in Beil. III S. 393 der Ver-
handlungen der bayr. Kammer der Abg. 1850 abgedruckt
findet, und das preußische B3 G., nur im Falle eines
Krieges oder bei numittelbar drohender Kriegsgefahr,
nicht aber im Falle innerer Unruhen, wirksam werden
kann. Das ist um so unbegreiflicher, als bei Vorliegen
letzterer die — mit Recht in der Begründung zum K3G.
getadelte — Rechtsverschiedenheit zwischen dem rechts-
und dem linksrheinischen Bayern bestehen bleibt. Aber
von diesem Dualismus innerhalbeines Staates
ganz abgesehen, führt sie dahin, daß im Falle innerer
Uuruhen zwar im rechtsrheinischen Bayern Vorschriften
bestehen, nämlich die durch Art. 2 1 AGStPO. vom
18. August 1879 aufrechterhaltenen Art. 441—456 des
2. Teils des Strafgesetzbuches von 1813, das eben durch
die zitierte Gesetzesvorschrift von 1879 wenigstens sprach-