II. Bayern. 255
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet
das Gericht nach seiner freien aus dem Inbegriffe der Ver-
handlung geschöpften überzeugung.
Zu dem Strafurteil wird nach dem Art. 449 Nr. 5
des Strafgesetzbuches von 1813 nur soviel gefordert, als
nötig ist, die Richter in ihrem Gewissen zu überzeugen,
daß die Tat geschehen und daß sie von dem Angeschuldigten
begangen worden ist.
8 62.
An der Beratung und Abstimmung dürfen nur die
5 richterlichen Mitglieder des standrechtlichen Gerichts
teilnehmen.
Die Reihenfolge bei der Abstimmung richtet sich nach
dem Lebensalter. Der Jüngste stimmt zuerst, der Vor-
sitzende zuletzt. Ist ein Berichterstatter ernannt, so stimmt
er zuerst.
Die Beratung und die Abstimmung sind geheim. Der
Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und
sammelt die Stimmen (Art. 445 Abs. 3 des Strafgesetz-
buches von 1813).
8 63.
Bei der Abstimmung ist zunächst darüber zu entscheiden,
ob die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Tat eine solche
sei, worüber infolge der Verkündung der Verhängung des
Standrechts nach dem Art. 6 des Gesetzes über den Kriegs-
zustand standrechtlich gerichtet werden darf (Art. 451
Nr. 1 des Strafgesetzbuches von 1813).
Wenn diese Frage durch einfache Stimmenmehrheit be-
jaht worden ist, so wird nach Art. 451 Nr. 2 des Straf-
gesetzbuches von 1813 über die Frage abgestimmt, ob der
Angeschuldigte der Tat schuldig sei.
Bei der Abstimmung über diese Frage hat jeder
Richter nach dem Art. 452 dieses Gesetzes seine Stimme
auf folgende Weise abzugeben:
1. wenn er den Angeschuldigten der Tat für erwiesen
erachtet, so äußert er diese überzeugung durch den Aus-
spruch „schuldig“;