28 A. Ges., betr. die Verfassung des Deutschen Reiches.
daß jedes beliebige abgegrenzie Gebietsftück damit ge-
meint ist. (Im Jahre 1870 hat der damalige König
Wilhelm I. den Kriegszustand über die Bezirke des 1., 2.,
8., 9., 10. und 11. Armeekorps verhängt; 1914 Kaiser
Wilhelm II. das gesamte Reichsgebiet in den Ausnahme-
zustand erklärt.) Je nachdem kann also ein einzelner Ort,
ein Verwaltungsbezirk, ein militärischer Bezirk oder ein
Bundesstaat in den Ausnahmezustand erklärt werden. Das
Recht des Kaisers ist, mit Hänel S. 435 zu sprechen,
Serritorial unbeschränkt“; im Ergebnis ebenso Mohl
VIII. Insoweit Voraussetzungen, Form der
Verkündung und Wirkungen der Verhängung des
Ausnahmezustandes in Frage stehen, ist das preußische
Gesetz vom 4. Juni 1851 zum Reichsgesetz erhoben in
dem Sinne, daß die auf Voraussetzungen, Ver-
kündungsform und Wirkungen, aber — das kann gar nicht
nachdrücklich genug betont werden! — nur auf diese be-
schränkte Rezeption eine wörtliche Einfügung
der betreffenden Normen des preußischen Gesetzes Eeset.
Daraus folgt nicht, daß eine Abänderung des preußischen
Gesetzes im Wege der preußischen Gesetzgebung nicht mehr
möglich wäre — wie Bornhack S. 145 annimmt —,
wohl aber hätte diese keine Wirkung auf das Belagerungs-
zustanderecht des Art. 68 RV., sondern nur auf einen
andesrechtlichen (vgl. Fleischmann S. 308). Das
praußische Ausnahmerecht, soweit es nach Maßgabe der
eichsverfassung in diese rezipiert ist, ist dasjenige, das
bei Inkrafttreten der Reichsverfassung bestand. Soweit
also eine Anderung desselben, ohne daß es sich jedoch um
Erlaß des in Art. 68 vorgesehenen neuen Ausnahme-
zustandsgesetzes handelte, mit reichsrechtlicher Wirkung
vorgenommen wird ist das nur in Form eines, und zwar,
da die einzelnen Normen nach der hier vertretenen Auf-
fassung Bestandteile der Reichsverfassung geworden sind,
verfassungsändernden Reichsgesetzes (Art. 78
RV.) möglich. Eine Abänderung des in Art. 68
rezipierten Rechtes ist durch Gesetz vom 11. Dezember
1915 (RöBl. S. 813, sog. lex Schiffer, s. unten zu
1 9b des preußischen Belagerungszustandsgesetzes) er-
olgt. Indem das Gesetz ausdrücklich andere Strafen an-