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legende Unterschied zwischen Völkerrecht und Landesrecht#),
der bewirken kann, daß eine Handlung eines Staats-
organs staatsrechtlich als völlig erlaubt, völkerrechtlich
als Delikt erscheint, führt hier, da die Sätze des
Völkerrechts über die diplomatischen Vertreter auf ge-
wohnheitsrechtlichem Wege auch zu Landesrecht geworden
ind, dem gleiche Wirkung zukommt, wie sonstigen inner-
taatlichen Normen (vgl. einschlägig Niemeyer, D38.
1910 Nr. 2, auch die Entscheidung des preußischen Kom-
petenzkonfliktsgerichtshofs vom 25. Juli 1910 — Hellfeld-
fall — im Jahrbuch des öffentlichen Rechtes 1911, V
S. 264 ff.; vgl. auch die Ausführungen van Praags
in dem klassischen Werk „jurisdiction et droit inter-
national public“, 1916, S. 8 ff.), dahin, daß eine
widersprechende Anordnung des ilitärbefehlshabers
auch staatsrechtlich als unzulässig erscheint.
2. Pr Vu. Art. 6: „Die Wohnung ist unverletz-
lich. Das Eindringen in dieselbe und Haus-
suchungen, sowie die Beschlagnahme von Briefen
und Papieren sind nur in den gesetzlich be-
stimmten Fällen und Formen gestattet.“
a)Wie Art. 5, so will auch Art. 6 in erster Linie
den Grundsatz der gesetzmäßigen Verwaltung zum Aus-
druck bringen, ein Grundsatz, der, „wie dort der Ver-
saltung und verwandten Maßnahmen, so hier der Haus-
uchung und Beschlagnahme gegenüber zur Geltung ge-
bracht wird“ (Anschütz, Kommentar S. 144). Die
Suspensionsmöglichkeit des Artikels 6 schafft
nun die Befugnis des Militärbefehlshabers,
auch außerhalb der „gesetzlich bestimmten Fälle“ und in
1) Vgl. über dies Problem statt aller: Triepel.
Völkerrecht und Landesrecht, 1899; Donati, I trattati
internazionali nel diritto costituzionale, 1906,
S. 285 ff.; Diena, Se e in quale misura il diritto
interno possa portare limitazioni alle obbligazioni
internazionali degli Stati, 1901 und in Rivista di
diritto pubblico, 1913, S. 321ff.; Anzilotti, I trat-
tati internazionali in relazione col diritto interno
dello Stato, 1911.