Full text: Deutsches Kriegszustandsrecht.

74 B. Gesetz über den Belagerungszustand. 
anderen als den dort vorgesehenen „Formen“ (es ist vor 
allem, sofern Strafverfolgungszwecke in Frage stehen, an 
StPO. 88 94ff. (Deschlagnahme), §§# 102 ff. (Durch- 
suchung), zu polizeilichen Zwecken die zahlreichen landes- 
rechtlichen Normen, insbesondere §§ 7—10 des preuß. 
Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Fe- 
bruar 1850, aber nicht ALR. II. 17. 10 — wie An- 
schütz, Kommentar S. 146 meint, dagegen vorzüglich 
Thoma, Der Vorbehalt des Gesetzes im preuß. Ver- 
fassungsrecht, in Festgabe für Otto Mayer, 1916, S. 219 
— zu erinnern) in die Wohnung einzudringen, 
Haussuchungen und Beschlagnahme irgend- 
welcher Gegenständet:) vorzunehmen. 
##) Bestände nur die Vorschrift des Art. 6, so wäre 
die Frage, ob auch noch auf der Post befindliche, dem 
Adressaten noch aicht ausgehändigte Briefe und Papiere 
beschlagnahmt, eröffnet, gelesen und ev. zurückbehalten 
werden dürfen, sehr leicht zu beantworten. Nun be- 
stimmte aber bereits die lex specialis des Art. 33 Vl.: 
„Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. Die bei strafgericht- 
lichen Untersuchungen und in Kriegsfällen notwendigen Be- 
schränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen.“ 
Diese Bestimmung ist heute ersetzt durch § 5 des Gesetzes 
über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 
1871 (Röl. S. 347), der anordnet: „Das Briefgeheimnis 
ist unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen 
und in konkurs= und zivilprozessualischen Fällen not- 
wendigen Ausnahmen sind durch ein Reichsgesetz festzu- 
stellen. Bis zu dem Erlaß eines Reichsgesetzes werden 
jene Ausnahmen durch die Landesgesetze bestimmt.“ Dieses 
Gesetz, dem für das Telegraphengeheimnis das Telegraphen= 
gesetz vom 6. April 1892 (RBl. S. 467) §F 8 entspricht, 
erwähnt Ausnahmen zugunsten der Militärbefehlshaber im 
Kriegszustande nichts), sondern gibt — scheinbar nach 
1) „Briefe und Papier" ist nur exemplifikativ gemeint 
— so mit Recht Anschütz, Kommentar S. 147. 
*) Anders z. B. das österreichische Staatsgrundgesetz 
vom 21. Dezember 1867 (REBl. Nr. 142) Art. 10 und 
dazu § 5 des Ausnahmezustandsgesetzes vom 5. Mai 1869
	        
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