Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Könige nahten. Um so schmerzlicher mußten ihm die Erfahrungen 
des Jahres 1849 sein; es ist schon erwähnt worden, wie er unter 
dem Eindruck jener Maitage niemals seine gewohnte Heiterkeit 
wieder gewann. So ist es auch erklärlich, daß dieser sonst einem 
vernünftigen Fortschritte stets zugetane Fürst von da an der 
Reaktion Eingang gewährte. Sein Andenken aber wird in Sachsen 
stets ein gesegnetes bleiben. 
Sachsen unter König Johann. 1854—1873. 
Die Schreckensbotschaft von Brennbichel langte in später 
Abendstunde am 9. Aug. in Dresden an. Da der damalige Vor- 
sitzende des Gesamtministeriums Zschinsky ebenso wie Beust augen- 
blicklich abwesend waren, kam es dem Kultusminister von Falken- 
stein zu, dem Prinzen Johann die Kunde zu überbringen. Dieser 
befand sich damals auf dem von ihm besonders gern besuchten 
Schlosse Weesenstein im Müglitztale. Gegen 3 Uhr morgens 
langte nach einer Fahrt durch die mondhelle Augustnacht der 
Minister am Schlosse an. Es erfolgte eine ergreifende Szene, 
deren Einzelheiten in der Erregung des Augenblicks dem Bericht- 
erstatter —es ist dies der Minister selbst — nicht im Gedächtnis haften 
geblieben sind. Lautes Schluchzen und Gebet folgten seiner Mit- 
teilung. Aber darüber vergaß der Prinz nicht die für den Mo- 
ment dringlichsten Maßregeln, indem er dem Minister den Be- 
fehl gab, alles für eine Sitzung der gerade anwesenden Minister 
auf 9 Uhr des Morgens vorzubereiten, zu welcher Stunde er 
selbst nach der Stadt kommen werde, und dem Oberhofmeister 
O'Byrn die Weisung erteilte: „Sorgen Sie, daß alles, was 
zur Sekundogenitur gehört, meinem Sohne Georg überwiesen 
werde, denn das verlangt die Verfassung.“ — Den Ministern 
erklärte er dann am Morgen des 10. Aug. „Da mein Sohn 
noch zu jung ist, um die Regierung annehmen zu können, ich 
aber noch nicht alt genug bin, um sie ablehnen zu dürfen, so 
trete ich die Regierung an.“ In dem von ihm selbst verfaßten
	        
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