Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Landesfürsten einzuholende Bestätigung der Lehnsgüter, die der 
Krone 1 Million Taler einbrachte. 
König Anton fand bei seinem Regierungsantritt das Land 
von einer konfessionellen Erregung ergriffen, die um so tiefer 
ging, je geringer sich das politische Leben entwickeln konnte. 
Denn die Presse war seit den Karlsbader Beschlüssen völlig ge- 
fesselt. Das einzige politische Blatt war die „Leipziger Zeitung“, 
Eigentum der Regierung, aber von ihr verpachtet; natürlich durfte 
sie nur bringen, was der Eigentümerin bequem war. Alle anderen 
Blätter waren nur sog. Intelligenzblätter, d. h. für geschäftliche 
und Familienmitteilungen bestimmt. Nur ein Blatt machte eine 
merkwürdige Ausnahme, nämlich die von dem jungen Pastor 
K. E. Richter in Zwickau redigierte „Biene“. Wer etwas über 
die Willkür und Lotterwirtschaft in den städtischen Magistraten, 
über Ungerechtigkeit und Bestechlichkeit der Patrimonialgerichts- 
barkeit zu klagen hatte, der wandte sich, natürlich anonym oder 
mit der Bitte um Verschweigung seines werten Namens, an das 
liebe „Bienchen“ und fand deren Spalten für seinen Zorn ge- 
öffnet. Daß hier die Zensur einen freieren Spielraum ließ, lag 
in dem Bestreben der Regierung, sowohl der großen Macht der 
Magistrate als der Patrimonialgerichtsbarkeit durch Diskre- 
ditierung das Ende vorzubereiten. Freilich überlegte man sich 
dabei nicht, daß der einmal wachgerufene Geist der Kritik nicht 
bei diesen beiden, auch der Regierung unangenehmen Objekten 
Halt machen würde. So erregte immer wieder das ganz will- 
kürliche Auftreten der Polizei, die immer mehr zutage tretende 
Allmacht des leitenden Ministers, die nur auf persönlicher Be- 
vorzugung begründete rasche Karriere von Leuten, die sich in 
Liebedienerei und Strebertum auszeichneten, allenthalben Mißbe- 
hagen und Unzufriedenheit. Namentlich fiel es auf, daß der 
Minister ein besonders wohlwollendes Gedächtnis für Leute hatte, 
die dem Gottesdienste der böhmischen Brüdergemeinde, bei dem 
Einsiedel nie fehlte, regelmäßig anwohnten. Wie schon erwähnt, 
machte sich seit dem Schluß der napoleonischen Kriege eine strengere 
Richtung in der protestantischen Kirche bemerklich, die den Ratio- 
nalismus des 18. Jahrhunderts von den Kanzeln, aber nicht ohne
	        
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