Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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Eleganz und Ausführung vollständig ebenbürtig, und haben außerdem 
den großen Vorzug, erheblich billiger zu sein.“ (Industrie-Zeitung 
1886, Nr. 12.) 
Dessen ungeachtet war der Begehr nach sächsischen Spitzen nicht 
im Zunehmen. Gegen die Maschinenspitzen von Calais ist nicht auf- 
zukommen; von den billigeren und geschmackvolleren französischen und 
englischen, und selbst von den ordinären Barmener Maschinenspitzen 
wird die Erzgebirgische Klöppelspitze vollständig verdrängt. Dieser 
schöne und einst so bedeutende Industriezweig befindet sich in einer 
beklagenswerthen Lage. Die Spitzenklöppelei fristet nach wie vor ein 
kümmerliches Dasein; an einen Aufschwung ist nach Lage der Dinge, 
wenigstens augenblicklich, nicht zu denken. Das Wenige, was an 
schmalen Wollenspitzen, weißleinenen Bettspitzen, seidenen Spitzen und 
geklöppelten Kragen in der letzten Zeit noch verlangt wurde, reicht 
nicht aus, diesen Industriezweig zu erhalten. 
Nur wenn die Mode wiederum den Geschmack nachhaltig auf 
die prächtigen Erzeugnisse der erzgebirgischen Industrie richtet, wird 
dieser Erwerbszweig wieder zur entsprechenden Geltung kommen. Da 
dies aber unzweifelhaft in nicht gar zu langer Zeit der Fall sein 
wird, gilt es vor Allem vermittelst der Klöppelschulen und ihrer An- 
strengungen, die Uebung und Handfertigkeit im Klöppeln guter, schwerer 
und theurer Spitzen lebensfähig zu erhalten und die Anfertigung der 
geringen, durch die Maschine überholten Waare, ganz aufzugeben. 
56. Die Posamenten-Industrie. 
Schon Mitte des 16. Jahrhunderts war die Posamenten= In- 
dustrie in Annaberg und in Buchholz in Aufnahme. Die Annaberger 
Kirchenbücher aus der Zeit von 1570 führen Bortenwirker und 
Posamentmacher auf, Bortenwirkerinnen und Klipplerinnen, und Je- 
nisius giebt für das Inslebentreten der Bortenindustrie und des 
Bortenhandels ebenfalls diese Zeit an. Die Kunst des Bortenwirkens 
selbst ist bedeutend älter. Schon im 13. und 14. Jahrhundert wurde 
sie geübt und im 15. war diese ursprünglich nur von Frauen geübte 
Kunst in die Hände männlicher Berufsbortenwirker übergegangen. 
Georg Einenkel führte 1589 das Posamentirgewerbe in Buch- 
holz ein. Aus dem Umstande, daß die Annaberger Posamentirer 
den Buchholzer nur die Anfertigung geringerer Waaren gestatteten, 
geht jedoch hervor, daß das Annaberger Posamentirgewerbe das ältere 
und bereits lebenskräftigere war. Die Herstellung gewirkter Borten 
ist die älteste Manufaktur von Annaberg, denn „von dem Borten-
	        
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