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Von den 14 im Chemnitzer Industriegebiete liegenden Baum-
wollenspinnereien mögen nur die Chemnitzer Actienspinnerei, die
Spinnereien von Bürger & Kühne in Griesbach, E. J. Clauß in Plaue,
A. und M. Meister in Erdmannsdorf und in Wiesa bei Annaberg,
Tetzner & Sohn in Schweizerthal, Trübenbach in Dorsschellenbach,
Weißbach & Sohn in Flöha genannt werden.
Die Chemnitzer Actienspinnerei, mit Dampfmaschinenbetrieb von
ca. 800 Pferdekräften, hat 63 000 Water= und Mulespindeln mit ca.
2000 Zwirnspindeln in ihrem Hauptetablissement und ca. 18000
Spindeln in der Filiale an der Annaberger Straße.
Die Nähfadenfabrikation konnte nur mit Anstrengung
das vaterländische Gebiet behaupten und erst in der letzten Zeit der
englischen Concurrenz mit Erfolg entgegentreten.
Das Bleichen von Garn hat ganz bedeutend abgenommen, be-
sonders seit die Mode der bunten Strümpfe aufgekommen ist. Nur
in Hohenstein, Lichtenstein, Hüttengrund, Hermsdorf, Wüstenbrand,
Reichenbrand bleicht man noch Garne zur Waffeldeckenweberei.
Die Wollspinnerei, welche die Verspinnung der Schafwolle
bewirkt, und zwar entweder zu Streichgarn, oder zu Kammgarn, hat
sich naturgemäß überall da niedergelassen, wo die Weiterverarbeitung
des gewonnenen Productes Fuß gefaßt hat. Diese ist in Bezug auf
ihre geographische Lage nur zu einem Theile in dem Hauptterritorium
der Spinn= und Webeindustrie inbegriffen, zu einem ebenso großen
sporadisch verstreut, da die Verarbeitung der Wollgespinnste vorwie-
gend den Städten und nur ausnahmsweise den Dörfern und ihrer
Bevölkerung anheim fällt.
Man unterscheidet Streichwollen= und Kammwollengarne. Die
Streichgarnspinnerei erzielt einen rauhen, kurzen und krausen Wollen-
faden; die Wolle soll ihre natürliche Kräuselung behalten, der Faden
ein möglichst rauhes, wolliges Ansehen erhalten, die Oberfläche des
Gewebes die Eigenschaft, sich durch Walken zu verdichten und zu ver-
filzen. Das Streichgarn, bei dessen Anfertigung die Wolle gerissen,
wiederholt gekrempelt, in zwei verschiedenen Abschnitten vorgesponnen
und zuletzt feingesponnen wird, verwendet man in der Tuch-, Flanell-,
Stoff= und Strumpffabrikation. Die aus Wolle und Baumwolle
gemischten Vigognegarne werden in der Strickerei und Strumpfwirkerei
verbraucht; die aus Lumpenwolle angefertigten Mungo= und Shoddy-
garne dienen zur Anfertigung geringer, wenig haltbarer Wollen= und
Halbwollenstoffe. (J. D. Fischer, Die Streichgarnspinnerei.)
Die Kammgarnspinnerei fertigt die harten, zum Theil glänzen-
den Wollenfaden für die Zeugweberei aus der langen und glatten
Wollfaser; doch auch buntes Webergarn, Krempelwolle und gemischtes