Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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In dem großen Gasthofe an der Ecke des Marktes zum „Engel“ 
war die „Tausendguldenstube“. Ein in Stein gehauener Engel über 
der Hausthüre war Zierstück und Schild des Hauses. Der Fußboden 
der großen Eckstube war getäfelt, die Wände in Felder getheilt, ein 
geräumiger Erker bildete die Ecke, Alles mit vom Alter gedunkeltem 
Nußbaumholz verkleidet. Besonders schön war die Kassettendecke; auf 
jedem Kreuzpunkte der Vierecke stand ein rosettenartiger Knopf und 
in der Mitte der Felder ein erhaben geschnitzter Engelskopf. Die 
Wandflächen waren durch flache, reich geschnitzte Pfeiler in Felder 
getheilt; die Thürgewände und Thürfüllungen mit Schnitzwerk ge- 
schmückt. Hinter dem Kachelofen war in die Wandfläche ein sitzender 
Dudelsackpfeifer geschnitten. Eine mit einer Muschel geschlossene 
Wandnische enthielt — ein Waschbecken, darüber einen Engelskopf. 
Das ganze war augenscheinlich Nürnberger Arbeit aus dem ersten 
Viertel des 16. Jahrhunderts. Dieses Prunkzimmer ist mit dem Gast- 
hofe 1856 durch Verwahrlosung in Asche gelegt worden. 
Westlich von Aue liegt am Einflusse des Filzbaches in die Mulde 
Auerhammer mit seiner riesigen Spinnerei und der Argentan- 
fabrik von Dr. Geitner (H. A. Lange). Dieselbe beschäftigt gegen 
300 Arbeiter, besitzt die vorzüglichsten Maschinen für Blech= und 
Drahtfabrikation und stellt vermittelst Wasserkraft, einer achtzigpferdigen 
und einer kleineren Dampfmaschine in der Gießerei, den Walzwerken 
und der Drahtzieherei Bleche und Drähte aller Stärken in vorzüg- 
licher Qualität her. Das Argentan von Auerhammer ist wegen seiner 
Dichtigkeit und seines festen Glanzes berühmt. 
Dr. E. A. Geitner war als Chemiker an den Mückenbergischen 
Eisenwerken angestellt gewesen, als er 1810 eine chemische Fabrik in 
Lößnitz gründete, mit welcher er 1815 nach Schneeberg übersiedelte. 
Hier machte er wichtige Entdeckungen auf dem Gebiete der Färbekunst 
(Kupferammonium, Chromverbindungen, Kobaltgrün u. s. w.) und 
erfand Anfang der 20er Jahre das Argentan, eine Composition aus 
55 % Kupfer, 25 % Zink, 20 % Nickel. Dasselbe ist fester und 
fast so dehnbar wie Messing, härter und zäher als Silber, silberweiß 
mit einem Stiche ins Gelbgraue, von schönem Glanz, politurfähig 
und vom specifischen Gewichte 7,1 bis 8,95. Es ist wenig oxydirbar 
und verhält sich gegen schwache Säuren und Fette fast wie 121öthiges 
Silber. Veranlassung zu dieser Erfindung gaben Versuche, die Nickel- 
speise für die Industrie nutzbar zu machen. Dieselbe wurde bis da- 
hin als werthlos auf die Halden oder ins Wasser geworfen, oder 
auch zu Wegebauten verwendet. Nachdem es gelungen, ein reines 
Nickelmetall herzustellen, entstand durch Zusätze von Kupfer und Zink 
das Argentan; die fast gleichzeitig in Berlin gemachte Erfindung des
	        
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