Der Landesfürst oder überhaupt der Besitzer des Grund und
Bodens beabsichtigte die Errichtung eines Dorfes durch Herbeiziehung
von Kolonisten, Ansässigmachung von Lehnsleuten und Kampfgenossen,
oder ein Heerführer vereinigte eine Schaar ausgedienter Krieger, um
sie durch Ansässigmachung für ihre Kriegsdienste zu belohnen, oder
eine Anzahl von Ansiedlern trat zusammen, um gegen entsprechende
Gegenleistung vom Grundherrn die Genehmigung zur Niederlassung
zu erhalten.
Sobald eine entsprechende Zahl von Familienhäuptern zur Gründ—
ung eines Dorfes vereinigt war, wurde innerhalb des zur Ansiedelung
erhaltenen oder gewählten Gebietes die Stelle zur Anlegung des
Dorfes bestimmt. Nachdem man die Lage des Ortes, womöglich an
fließendem Wasser, mindestens jedoch an ausreichendem Quellwasser,
festgesetzt und die Lage des Gemeindeplatzes, sowie die Richtung des
Hauptweges angegeben hatte, theilte man den zur Dorfanlage gewählten
Raum in so viele Theile, als man Hoferaithen und dazu gehörige
Hausgärten anlegen wollte. Hierauf bestimmte man das Ausmaß und
die Lage der Wiesen, und sodann theilte man die für die Felder be-
stimmte Fläche, je nachdem sie aus Lehm-, Sand-, Thon= oder Kalk-
boden u. s. w. bestand, in große Vierecke, wobei man in Bezug auf
die Lage nach Sommer= und Winterseite unterschied. Jedes dieser
Vierecke wurde nun in so viele Ackerstreifen getheilt, als Hoferaithen
angelegt waren, und nunmehr die einzelnen, mit Nummern bezeichneten
Abschnitte an die Hofbesitzer verlost. Der Wald oder Busch blieb
entweder ungetheilt und Gemeindeeigenthum oder wurde in ährlicher
Weise an die einzelnen Höfe verlost. Erst jetzt, nachdem jeder An-
siedler seinen Antheil an Grund und Boden erhalten hatte, wurde der
Bau der Gehöfte und die Urbarmachung der Felder gemeinschaftlich
in Angriff genommen.
Die Dorfgemeinde bestand aus den Besitzern der Höfe; diese
Höfe waren von gleicher Größe und gleichem Werthe, nur einzelne
wurden schon bei der Gründung des Ortes mit größerem Areal aus-
gestattet, etwva die Gründer des Ortes oder die von dem Grundherrn
begünstigten Gemeindehäupter. Mit dem ersten Beginn der Ansiedel-
ung entwickelten sich auch Gemeinderechte und Gemeindeverfassung,
sowie Besitzrecht und Einzelrecht. Die Besitzer der Höfe vereinigten
sich zur Gemeinde, welche die Angelegenheiten des Ganzen ordnete
und vertrat. Das Stimmrecht in den Gemeindeversammlungen be-
ruhte ausschließlich auf dem Besitz der Höfe. Die Gemeinde wählte
ihre Vorsteher und ihre Schöppen. Daß an manchen Orten jedoch
das Amt des Gemeindevorstehers mit dem Besitz eines bestimmten
Hofes verbunden war, welcher als Erbgericht, Lehngericht, Schulzen-