$ 22. Verwaltungstätigkeit in bezug a.d. geistige Leben. 205
gemischten Ehen erfolgt nach den Grundsätzen des
bürgerlichen Rechts. Bei gemischten Ehen, d. h.
solchen Ehen, bei denen die Eheteile verschiedenen
öffentlichen oder privaten Kirchengesellschaften an-
gehören, folgen die Söhne der Religion des Vaters,
die Töchter der Religion der Mutter; es sei denn,
daß durch rechtsförmlichen (notariellen) Vertrag vor
oder bei Eingehung der Ehe oder während der Dauer
derselben etwas anderes bestimmt wurde. Ist ein
Vertrag vorhanden, so bewirkt auch der Glaubens-
wechsel eines Elternteils insolange keine Verände-
rung, als die Ehe eine gemischte bleibt; nimmt aber
ein Eheteil den Glauben des anderen an, so folgen
die Kinder der nun gleichen Religion der Eltern, aus-
genommen sie waren, dem bestehenden Vertrage ge-
mäß, bereits durch Kommunion oder Konfirmation in
die Kirche einer anderen Konfession aufgenommen.
Die Glaubensangehörigkeit der Pflegekinder richtet
sich nach ihrem vorigen Stande. Durch Ehe legiti-
mierte Kinder werden den ehelichen gleichgeachtet.
Uneheliche Kinder folgen der Religion der Mutter;
werden sie vom Vater rechtswirksam anerkannt, so
werden sie wie eheliche behandelt. Findlinge folgen
der Religion des Aufnehmenden, wenn dieser einer
anerkannten Glaubensgesellschaft angehört, oder der
Religionspartei des Findlingsinstitutes, worin sie er-
zogen werden, außerdem der Religion der Mehrheit
der Einwohner des Findlingsortes. Das Recht der
Überwachung steht den nächsten Verwandten, den
Vormündern, den geistlichen Obern und den Paten zu.
Streitigkeiten über die religiöse Kindererziehung
werden im ersten Rechtszuge durch die Distrikts-
verwaltungsbehörden, im zweiten Rechtszuge durch
den Verwaltungsgerichtshof entschieden.
Im Königreiche bestehen drei öffentliche
Kirchengesellschaften, die katholische, refor-