Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht des Königreichs Bayern.

38 Il. Staat und Staatsverfassung. 
Adelsverlust; dagegen tritt eine zeitliche Behinderung 
des Gebrauches des Adelstitels ein durch Übernahme 
niederer, bloß in Handarbeit bestehender Lohndienste, 
durch Selbstausübung eines Gewerbes bei offenem 
Kram und Laden oder durch Ausübung eines Hand- 
werks. 
Die Vorrechte des Adels haben nur mehr zum 
kleinsten Teile Geltung. Neben dem Rechte, die ihnen 
zukommenden Titel und Wappen ausschließlich zu 
führen, besteht lediglich noch die Bestimmung, daß nur 
adelige Gutsbesitzer zu erblichen Reichsräten ernannt 
werden, und daß nur adelige Familien Familienfidei- 
kommisse (ausgenommen in der Pfalz) besitzen können. 
 Faüilienfideikommisse sindrechtlicheVer- 
fügungen, durch die eine bestimmte Vermögensmasse 
zugunsten einer adeligen Familie, solange sie im Namen 
und Stamme vorhanden ist, für unveräußerlich erklärt 
wird. Auch die Güter, die Gegenstand der Verfügung 
sind, werden so genannt. Gegenstand des Fidei- 
kommisses muß immer ein im Königreiche gelegener 
Grundbesitz sein; bewegliches Vermögen kann nur 
als Zubehör in Betracht kommen. Die Mindestgröße 
des Grundbesitzes ist gesetzlich festgelegt, und zwar 
muß auf dem Besitze mindestens ein Steuersimplum von 
35 Gulden liegen; dieser Mindestbesitz muß außerdem 
schulden- und lastenfrei sein. (Für die Reichsratswürde 
ist ein Steuersimplum von 300 Gulden erforderlich.) 
Stifter eines Fideikommisses kann ein jeder sein, aber 
nur zugunsten eines erblichen Adeligen. Zur Er- 
richtung ist die ausdrückliche Erklärung_des Stifters, 
die gerichtliche Bestätigung d derselben durch das ein- 
schlägige, Oberlandesgericht und der Eintrag in die 
bei diesem zu führende Fideikommismatrikel erforder- 
lich. Der Inhaber heißt Fideikommissar, sein Nach- 
folger Anwärter. Die Erbfolge geschieht nach An- 
ordnung des Stifters in agnatisch-linealischer Ordnung
	        
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