Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

226 Ergebnisse. 1855 
daß kein Souveränitätsrecht des Zaren durch die betreffenden 
Maaßregeln verletzt werden dürfe. Es fragte sich nun, ob 
der Zweck unter diesem Vorbehalt überhaupt zu erreichen 
wäre. Eine Möglichkeit wäre nach Aufhebung des Vertrages 
von 1841 die Errichtung fester Flottenstationen der West- 
mächte in türkischen Pontushäfen gewesen: Rußland hätte 
zur Zeit keinen Widerspruch dagegen erhoben. Aber England 
fand in einer solchen Vorkehrung mehrfache Beschwerlichkeiten 
und beschloß, als zugleich gründlichstes und einfachstes Mittel, 
die Neutralisation des schwarzen Meeres, d. h. die Entfernung 
aller Kriegsschiffe und Kriegshäfen aus diesem Bereiche zu 
fordern, trotz der höchst wahrscheinlichen Abweisung eines 
solchen Begehrens durch die Russen. Wer den baldigen Frieden 
wünschte, mußte hienach auf Vermittlungsvorschläge sinnen, 
statt der völligen Neutralisation auf Beschränkung der beider- 
seitigen Pontusflotten, sei es durch Verbot, den bisherigen 
Bestand zu erhöhen, sei es durch Feststellung einer bestimmten 
Zahl der Schiffe, im letzteren Falle entweder durch die Con- 
ferenz oder durch freien Vertrag zwischen Rußland und der 
Türkei. Bei der Wichtigkeit der Sache entsandten England 
und die Pforte Ende März je einen ihrer hervorragendsten 
Minister, Lord John Russell und Aali Pascha, zur Conferenz, 
und daranf erwirkte sich auch Drouyn de Lhuys von Napoleon 
die Vollmacht zu derselben Reise. An die Stelle der Gesandten- 
trat eine Ministerconferenz. Sie sollte nicht bloß für den 
Krimkrieg, sondern für ein volles Jahrzehnt der europäischen 
Politik bedeutungsschwer werden. 
Drouyn de Lhuys war ein gescheidter, kenntnißreicher, 
in seinen Uberzeugungen consequenter, in seinem Handeln 
schmiegsamer Mann, in katholischer Erziehung erwachsen und
	        
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