228 Ergebnisse. 1855
dachte in Wien Alles aufzubieten, um mit Osterreich vereinigt
zu bleiben, sei es für den Frieden, sei es für den Krieg.
Als kluger Diplomat reiste er zuerst nach London hin-
über, um englischen Störungen seiner Pläne vorsichtig vor-
zubauen. Indem er sich dort entschieden für die völlige
Neutralisation des Pontus aussprach, stellte er doch die
Vermuthung auf, daß Osterreich einer so weit gehenden Forde-
rung nicht beitreten und folglich deren Verwerfung nicht als
Kriegsfall betrachten würde. Nichts aber sei wichtiger, als
Osterreichs Eintritt in den bewaffneten Kampf, und dieser sei
höchst wahrscheinlich, wenn Rußland auch ein gemäßigtercs
Begehren im Sinne einer Beschränkung seiner Kriegsflotte
ablehne. Er schlug demnach vor: Rußland und Türkei werden
im Pontus nur je vier Linienschiffe, vier Fregatten und eine ent-
sprechende Anzahl leichter Fahrzeuge, jede der drei verbündeten
Mächte aber die Hälfte dieser Schiffszahlen unterhalten; für
Rußland bleibt die Ausfahrt in das Mittelmeer geschlossen;
die Pforte kann bei drohender Gefahr alle verbündeten Flotten
in den Pontus berufen. Die englischen Lords erklärten zu
dieser ganzen Erörterung ihr Einverständniß, und Drouyn de
Lhuys brach dann nach Wien auf, wo er nach eiliger Fahrt
am 6. April anlangte. Zwei Tage nachher hatte er eine
Audienz bei dem Kaiser. Er begann mit einigen Worten über
den festen und redlichen Entschluß Napolcon's, mit seinen
Verbündcten zusammen zu wirken, entweder zum Abschluß
eines dauernden Friedens oder zur Fortsetzung eincs gerechten
Kriegs. Ja, rief der Kaiser, lassen Sie uns den Frieden
herbeiführen. Der Minister entwickelte darauf seine Pläne
über den dritten Punkt, in erster Linie Neutralisirung, in
zweiter Beschränkung. Er bemerkte, mit welcher Energie in