Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

232 Ergebnisse. 1855 
nehmen gemeint, und sich von der Leichtigkeit einer ganz 
Europa umfassenden Reform überzeugt, stets, wie sich ver- 
steht, unter der Voraussetzung, daß der Urheber derselben 
stark genug sei, darüber mit den Großmächten des Welttheils 
.als Gleicher mit Gleichen zu verhandeln. Nachdem er dann 
durch den Glanz seines Namens, und durch eine ebenso ge- 
schickte wie gewissenlose Bearbeitung der Volksmassen und 
der Soldaten den französischen Kaiserthron errungen hatte, 
zauderte er nicht, an die Verwirklichung seiner weltumfassenden 
Projecte heranzutreten. Die erste Bedingung dafür war die 
Sprengung der ihn überall einengenden Allianz der drei Ost- 
mächte, und wir haben gesehen, wie trefflich ihm dabei der 
Übermuth des Kaisers Nikolaus in die Hände arbeitete. So 
weit gediehen, hatte er keinen Zweifel mehr an seinen weitern 
Erfolgen. Der Natur der Dinge entsprechend erachtete er 
die Verschmelzung Portugals und Spaniens zu einer iberischen, 
die Verbindung Schwedens und Dänemarks zu einer skandi- 
navischen Union. Eine Forderung der Gerechtigkeit und der 
Menschenliebe sei die Befreiung Polens von der russischen, 
die Unabhängigkeit Italiens von der österreichisch-päpstlichen 
Unterdrückung; auch für Deutschland würde die Beseitigung 
des lähmenden Einflusses der östlichen Kaiserhöfe ein Segen 
sein. Er hatte dabei ganz sicher nicht die nationale Einheit 
Italiens oder Deutschlands im Sinne: im Gegentheil, jene 
erschien ihm unbequem, diese geradezu gefährlich. Wohl aber 
meinte er durch eine wirksame Unterstützung hier des kleinen, 
aber aufstrebenden Piemont, dort des seit 1850 stark unter- 
schätzten Preußen den eigenen leitenden Einfluß an die Stelle 
des österreichischen setzen, und damit Wohlstand und Gedeihen 
in dem ganzen weiten Völkerkreise entwickeln zu können. Denn
	        
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