Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

244 Der Ausgang der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. 1855 
Bismarck bemerkte, die Gegenstände desselben in den Bereich 
des Bundes und hoffentlich des Präsidiums desselben zu ziehen. 
Immer aber warnte Bismarck dringend, mit Rücksicht auf 
die öffentliche Meinung und die innere Güte der Sache, dem 
Antrage nicht in offener Feindschaft entgegenzutreten, sondern 
im Verlauf der Verhandlung darauf bedacht zu bleiben, 
die Lösung der Aufgabe dem Bundestage aus der Hand zu 
nehmen, und auf das Feld der freien Vereinbarung hinüber 
zu führen. In diesem Sinne wurde, als im Februar 1856 
Bayern beantragte, zunächst zur Bearbeitung eines deutschen 
Handelsgesetzbuches zu schreiten, von preußischer Seite verfahren. 
König Max blieb aber nicht lange allein in dem Be- 
streben, die Competenz und Wirksamkeit des Bundestags zu 
erweitern. Wie hätte der rührigste Staatsmann der Mittel- 
staaten, wie hätte Baron Beust dabei fehlen sollen? 
Herr von Beust hatte schon im October 1855 bei dem 
oben erwähnten, durch Osterreich veranlaßten Schriftwechsel 
dem Grafen Buol erwidert, auch Sachsen halte die Bundes- 
reform für ein dringendes Bedürfniß, denn in Deutschland 
herrsche eine wahre Anarchie; während Coburg in der Do- 
mänenfrage die Beschlüsse des Bundes verachte, hätten die 
Souveräne von Hannover und Nassau sich Rechte über alles 
Maaß hinaus beigelegt; ebenso bestehe ein greller Widerspruch 
zwischen dem Artikel 13 der Bundcsacte, welcher landständische 
Verfassungen anordne, und dem Einschleppen des französisch- 
englischen Constitutionalismus; man müsse den letztern ent- 
weder in den Einzelstaaten ausrotten, oder ihn auch beim 
Bundestage einführen. Daß dies Letztere durchaus nicht seine 
Meinung war, zeigte sich, als er Ende Juni 1856 an die 
leitenden Minister in Wien, Berlin und der Mittelstaaten
	        
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