Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1856 Aufregung König Friedrich Wilhelm's. 249 
in militärischen Gewahrsam, eine Menge Verhaftungen folgten, 
und 66 Gefangene wurden, des Hochverrathes angeklagt, vor 
einen eidgenössischen Staatsgerichtshof verwiesen. Die nicht 
eingesperrten Royalisten verfolgte der Parteihaß mit demselben 
Mittel, womit 1851 der Kurfürst von Hessen seine ver— 
fassungstreuen Beamten heimgesucht hatte, mit massenhafter 
Einquartierung, deren Ernährung auch wohlhabende Männer 
ruinirte, und kleine Bauern binnen Kurzem an den Bettel— 
stab brachte. 
Die Kunde dieser Vorgänge traf nun Schlag auf Schlag 
in das Herz des Königs, erschütternd, überwältigend. Seine 
eigenen Besitzrechte traten für sein Gefühl in den Hintergrund, 
Angesichts des Unglücks jener wackern Männer, welche aus 
Treue gegen ihn und in Heilighaltung seines von Europa 
anerkannten Rechtes ihr Leben eingesetzt hatten, in einem 
hoffnungslosen Unternehmen, welches Er zwar nicht ver— 
anlaßt oder belobt, aber doch gekannt und nicht verhindert 
hatte. Er war außer sich in Schmerz und Zorn bei der 
Vorstellung, seine Getreuen als gemeine Verbrecher vor Ge- 
richt gestellt und mit langjähriger Zuchthausstrafe bedroht 
zu sehen. Dies konnte und durfte nicht sein; es erschien ihm 
als höchste Ehrenpflicht, mit allen Mitteln und Hintansetzung 
jeder andern Erwägung hier Rettung und Befreiung zu 
bringen. Er war damals in Ostpreußen, und befahl sofort, 
ihm Briefe an die Souveräne der vier Großmächte zu ent- 
werfen, mit dringender Bitte, seine Aufforderung an die 
Schweiz um bedingungslose Freilassung der Gefangenen zu 
unterstützen; zugleich sollte in demselben Sinne seine Regie- 
rung sich an die Ministerien der Mächte wenden. Aber 
er mußte hier trübe Erfahrungen machen. Kaiser Alexander
	        
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