258 Der Ausgang der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. 1856
Gefangenen sich den Mächten gegenüber zum Verzichte auf
Neuenburg entschließen würde. Er erhielt die Antwort, der
König behalte für den Beginn der Verhandlung sich Weiteres
vor, werde aber schließlich auf Verlangen der Mächte sich
mit drei Punkten begnügen: Fortführung des Titels Fürst
von Neuenburg, Wiedererlangung der fürstlichen Domänen,
Herstellung der alten Bürgerschaften in den Neuenburger
Städten nebst Garantie für die Erhaltung der milden Stif-
tungen. Es solle, wurde bemerkt, dies in tiefem Vertrauen
dem Kaiser, keineswegs aber der Schweiz mitgetheilt werden,
welcher gegenüber der König auf der vorgängigen, bedingungs-
losen Freilassung der Gefangenen beharre. Napoleon war
ganz einverstanden, hatte aber den Gedanken, der schweizer
Regierung durch den französischen Gesandten andeuten zu
lassen, um wie wohlfeilen Preis er ihr nach der Freilassung
den Verzicht des Königs würde verschaffen können, und sie
damit zur Erfüllung seines Wunsches zu bestimmen. Allein
diese gute Absicht wurde ihm im Augenblicke der Ausführung
durch einen beinahe komödienhaften Zwischenfall vereitelt.
Der englische Gesandte in Berlin hatte durch nicht ganz un-
gewöhnliche Mittel Kenntniß von den drei Punkten gewonnen,
sie sofort dem Minister Lord Clarendon, und dieser sie
schleunig dem Gesandten Gordon in Bern mitgetheilt. Plötzlich
ging dann die Kunde durch die Welt, England habe dem Bundes-
rathe vorgeschlagen, die Garantie der beiden Westmächte für den
königlichen Verzicht auf Grundlage der drei etwas modificirten
Punkte zu begehren, worauf dann die Niederschlagung des
Processes erfolgen würde; der Bundesrath habe sich darauf
beeilt, dieses gütige Erbieten anzunehmen. Damit war die
beste Karte des Spiels dem Kaiser vorweg genommen und