Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

264 Der Ausgang der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. 1857 
unmittelbar nach dem Ablauf des preußischen Termins, am 
16. Januar ihre Genehmigung aus?. 
Die Kriegsgefahr war damit abgewandt. Drei Monate 
früher hätte die Schweiz dieses Ergebniß wohlfeiler und 
rühmlicher haben können. Indessen durften ihre Politiker 
sich als gute Geschäftsmänner trösten. Je länger und leiden- 
schaftlicher die Heftigkeit des Königs und damit die Erregung 
Europas sich auf die Frage des Processes gesammelt hatte, 
desto gewisser war nach deren Erledigung eine allgemeine 
Abspannung und Gleichgültigkeit der übrigen Mächte und 
folglich eine baldige Anerkennung des schweizerischen Besitz- 
standes durch ganz Europa. 
Mit Eifer betrieb Napolcon für diesen Zweck den Zu- 
sammentritt der Conferenz der Großmächte in Paris. Eng- 
land zögerte eine Weile, hätte die Verhandlung lieber nach 
London verlegt, fügte sich aber schließlich, und am 10. Februar 
konnte Graf Walewski die Einladungen an die vier Cabinette, 
sowie an die Schweiz versenden. Am 5. März erfolgte 
1) Herr Oechsli wird bemerken, daß ich seine gegen die erste Auf- 
lage dieses Buchs erhobene Polemik (Bausteine zur Schweizergeschichte) 
an mehreren Stellen theils dankbar, theils ablehnend berücksichtigt habe. 
Ein Versuch, mich mit ihm über die historische Beurtheilung des Ereig- 
nisses zu verständigen, würde hoffnungslos sein. Er ist von vorne herein 
nicht bloß von der politischen Zweckmäßigkeit des Schweizer Verfahrens 
in der Neuenburger Sache, worüber sich reden ließe, überzeugt, sondern 
auch mit stolzem Patriotismus von dem guten Rechte der Schweiz 
gegenüber dem preußischen Könige durchdrungen. Bis jetzt aber gilt es 
in aller Welt für das gerade Gegentheil des Rechts, wenn ein Staat 
einen internationalen Vertrag zerreißt ohne einen andern Rechtsgrund, 
als den Willen seines sonveränen Volkes. Die Geschichte der Schweiz 
ist so reich an Ruhmcsthaten, daß die Ehre und Würde der Eidgenossen- 
schaft eine falsche Verherrlichung einzgelner unrechtlicher und unrühmlicher 
Vorkommnisse, wie des hier erzählten, wahrhaftig nicht bedarf.
	        
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